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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Seid tolerant zueinander! (Mt 13,24-30) Moderatoren: Weber
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Seid tolerant zueinander! (Mt 13,24-30)  Dieses Thema wurde bisher 1.311 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
22 Juni 2005, 20:59 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!

Der Sinn dieses Gleichnisses ist ganz einfach. Unkraut rupfen ist verboten, weil man damit oft mehr kaputt macht als richtig. Und da es sich um ein Gleichnis handelt, muss das Bild gedeutet werden. Und dann heißt das: Ihr sollt euren Eifer nicht darin zeigen, dass ihr stets das Böse oder was ihr für das Böse haltet, verurteilt oder zu verhindern sucht, sondern ihr sollt tolerant sein und die Beurteilung ob gut, ob böse – ob richtig oder falsch Gott überlassen Der wird´s am Ende schon richten. Es ist nicht eure Aufgabe, den Sittenrichter zu
spielen.

Hätten wir in der Vergangenheit nach diesem Grundsatz gelebt, dann wäre z.B. mancher Familienkrach vermieden worden. Dann wäre dem Sohn von seinen Eltern die Freundin nicht mies gemacht worden oder der Tochter der Freund oder dem schwulen Sohn der Partner. In solchen Fällen sagt der Kölner in seiner toleranten Art ganz richtig: et is wie et is un et kütt wie et kütt. Denn Besserwisserei bringt immer Ärger, nie Segen. Sie selber werden Beispiele genug in ihrem eigenen Leben finden, wo sie manchmal besser den Mund gehalten hätten und so viel Ärger vermieden hätten.

Aber nun stellen Sie sich mal vor, die Kirche hätte als Institution nach diesem Grundsatz gehandelt. Der ist ja auch für sie verbindlich. Dann hätte es keine Kreuzzüge gegeben, keine Hexenverbrennungen, keine Inquisition, keine Glaubenskriege – und Küng, Drewermann, Hasenhüttel und Imbach z.B. wären heute noch im Dienst der offiziellen Kirche. Es ist schon ernüchternd, wenn wir unser eigenes Verhalten oder das der Kirche insgesamt an den grundlegenden Maßstäben, die Jesus verkündet hat messen. Erschütternd ist es allerdings, dass die Verurteilungen, die ja ständig und massenhaft in der Kirche verbreitet werden, von uns gar nicht mehr als gegen das Evangelium verstoßend empfunden werden.

Warum hat Jesus eigentlich so ein Gleichnis in die Welt gesetzt? Ich denke, es ging ihm nicht nur um etwas mehr Toleranz. Vielleicht wollte er damit anschaulich machen, wie Gott mit uns umgeht. Gott hält auch uns nicht zurück, wenn wir Böses planen. Und selbst die Kirche, die ja mit dem Anspruch der Unfehlbarkeit in Glaubens- und Sittensachen daherkommt, wurde in der Geschichte von Gott nicht daran gehindert, schlimmste Verbrechen zu begehen. Warum? Das weiß keiner. Das ist Gottes Geheimnis. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Gott greift überhaupt nicht in das Geschehen dieser Welt und auch nicht in den Lauf der kosmischen Abläufe ein. Wie sonst hätte der Tsunami 300.000 Menschenleben vernichten können? Wie sonst konnte Präsident Bush trotz unzähliger Friedensinitiativen und Friedensgebetsgruppen Krieg im Irak führen, wo unendlich viel Leid angerichtet wurde? Wie sonst können Kindesentführer und Kinderschänder ihr Werk treiben? Gott greift nicht ein.

Und damit kommen wir zum eigentlichen Problem. Warum reagiert Gott nicht auf unser Bittgebet? Auch dann übrigens nicht, wenn unsere Bitten total bescheiden oder im Sinne der Kirche oder ganz einfach menschlich sind? Keiner von uns kann beweisen, dass Gott ihm je sein Bittgebet erhört hat. Er kann beweisen, dass er selbst das Geschehen als Gebetserhörung gedeutet hat. Aber dass das Gebet Ursache des Eingetretenen war, kann keiner beweisen. Er darf es glauben – für sich ganz persönlich.

Das Gottesbild hat sich seit den Tagen der Bibel gewaltig verändert. Wir können uns nach all den Erkenntnissen der Physik, der Biologie wie der ganzen Naturwissenschaften Gott nicht mehr vorstellen als jemanden, der auf unsere Bitten hin ganze Kausalabläufe, nach denen die Welt und der ganze Kosmos funktionieren, außer Kraft setzt, um uns den einen oder anderen Gefallen zu tun. Alle Dinge haben ihre eigene Gesetzlichkeit, und Gott greift nicht ein.
Trotzdem ist er da. Er ist da als einer, der unsere Freiheit respektiert, der unsere Entscheidungen toleriert und uns zutraut, dass wir das Leben bestehen – die schönen und angenehmen Seiten, aber auch die schweren, die er uns nicht erspart. Er ist da als einer, der uns liebt, wie ein Vater oder eine Mutter die eigenen Kinder liebt, auch wenn die Dinge tun, die sie als Eltern nicht verstehen können. Gott ist unendlich tolerant mit uns. Und so soll es auch unter uns Menschen zugehen. Das tut der Liebe keinen Abbruch, im Gegenteil: das ist Ausdruck der Liebe.

Amen.
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