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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Verklärung (Mk 9,2-10) Moderatoren: Weber
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Verklärung (Mk 9,2-10)  Dieses Thema wurde bisher 1.144 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
05 August 2006, 10:08 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Liebe Christen!

Die Verklärung Jesu wird in den ersten drei Evangelien erzählt, und zwar immer in engem Zusammenhang mit der ersten Leidensweissagung Jesu. Der Sinn ist folgender: In einer Vision, die alle überwältigt und beglückt und die zum Verweilen einlädt (zum Hüttenbauen), soll die endzeitliche Herrlichkeit für einen Augenblick aufleuchten. Leiden und Tod Jesu sind die dunkle Seite, der die Auferstehung und Verherrlichung als Ende und Ziel des Lebensweges Jesu gegenüberstehen. Insofern hat die Verklärung Ähnlichkeit mit den nachösterlichen Erscheinungen des Auferstandenen. Die Verklärung ist gewissermaßen ein Augenblick des Trostes, der den Kreuzweg Jesu zwar nicht verstehen, so doch bestehen hilft.

Es gibt solche Augenblicke der Verklärung immer wieder. Ich habe das erlebt und ähnlich empfunden, als Papst Johannes XXIII. Ganz plötzlich und ohne große Vorankündigung ein allgemeines Konzil ankündigte. Was keiner mehr für möglich gehalten hatte, dass nämlich die Bischöfe aus der ganzen Welt mit theologischen Beratern nach Rom eingeladen würden, um gemeinsam den künftigen Kurs der Kirche zu bestimmen, das war auf einmal Wirklichkeit. Ich war zu der Zeit Student der Theologie und habe die unglaubliche Euphorie miterlebt, die damals die Kirche und die ganze Welt beflügelte. Es war eine Lust, katholisch zu sein. Jeden Tag hörten wir am Rundfunk die Konzilsberichte, freuten uns, wenn wieder einmal verkrustete Strukturen aufgebrochen und überholte Maßnahmen wie Index, Freitagsgebot und dgl. aufgegeben wurden. Es ging ein Hauch von Freiheit durch die Kirche. Und alle freuten sich auf die neu angestoßene Liturgiereform. Besonders stolz waren wir Kölner auf unseren Bischof Kardinal Frings. Obwohl er in seiner Heimatdiözese als sehr konservativ galt, entpuppte er sich auf dem Konzil als eine der fortschrittlichsten Persönlichkeiten überhaupt. Küng und Ratzinger gehörten zu seinen Beratern. Es war eine Zeit, in der man hätte verweilen mögen, wahrlich eine Zeit der Verklärung.  -  Aber der Fortgang dieser Verklärung war dann ähnlich wie in der Bibel beschrieben. „Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus.“ Die konziliare Euphorie ist längst verflogen, die gewährten Freiheiten sind längst wieder eingesammelt von verängstigten Bischöfen. Der kirchliche Alltag ist wieder dunkel geworden. Manchmal herrscht Untergangsstimmung. Aber es muss wohl gelegentlich solche Erlebnisse der Hochstimmung geben, damit man die dunklen Zeiten bestehen kann.

Manche halten auch den Weltjugendtag, der im vergangenen Jahr in Köln stattfand, für ein solches Verklärungserlebnis. Für die teilnehmenden Jugendlichen mag das so gewesen sein. Vor allem haben sie ein starkes innerkirchliches Wir-Gefühl entwickelt. Es war ein Phänomen, wie wir es ein Jahr später bei der Fußballweltmeisterschaft auf säkularer Ebene erlebt haben. Und immer werden an solche Ereignisse Hoffnungen geknüpft, die sich nicht erfüllen. Weder hat es nach dem Weltjugendtag in der Kirche einen Neuaufbruch gegeben, noch hat die Fußballweltmeisterschaft Deutschland verändert. Beim Weltjugendtag war ohnehin kein geistiger Neuanfang geplant, die katholische Jugend der Welt sollte vielmehr auf das Bestehende eingeschworen werden. Und das passt nun mal überhaupt nicht zur Jugend.

Trotzdem brauchen wir in der Kirche wie in der Gesellschaft Sternstunden der Euphorie, Erlebnisse der Verklärung. Sie sind wichtig, damit der lichtlose Alltag ertragen werden kann und die Hoffnung auf das, was wir religiös Auferstehung nennen, nicht stirbt. Doch sollten wir nicht vergessen: Verklärungserlebnisse sind nicht von Dauer. Schon in der Bibel ist es nicht zum Bau der Hütten gekommen.

Amen.
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