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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Finde dich nicht mit deinem Schicksal ab! Moderatoren: Weber
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Finde dich nicht mit deinem Schicksal ab!  Dieses Thema wurde bisher 1.492 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
28 Oktober 2006, 13:19 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Liebe Christen!

Was sind Wunder? Wunder sind – ganz einfach ausgedrückt – Ermutigungen zum Leben. Ich will das an der soeben gehörten Blindenheilung erläutern.

Da ist ein Blinder, der am Wegrand bettelt. In den Augen der Vorübergehenden (das sind die, die von Blindheit keine Ahnung haben) ist er hilflos und zum Nichtstun verurteilt. Sie geben ihm Almosen. Das ist der Preis, dass er ihre Kreise nicht stören soll. Doch Bartimäus schreit ganz laut, als er hört, dass Jesus vorbeigeht: „Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!“ Wie ärgerlich für die, die mit einem Almosen sein Schweigen kaufen zu können meinten. Aber Bartimäus lässt sich nicht zum Schweigen bringen; er schreit noch viel lauter, weil er sich mit seinem Schicksal nicht abfinden will. Sein Schicksal ist ja nicht nur die Blindheit, sondern auch die ihm von der Gesellschaft zugewiesene Rolle des Schweigens. Und da scheint die Frage Jesu fast überflüssig zu sein, wenn der sagt: „Was soll ich dir tun?“ „Ich möchte wieder sehen können.“ Was sonst? Da sagt Jesus: „Geh! Dein Glaube hat dir geholfen.“ Keine Aufforderung zur Nachfolge, keine Bedingung, lediglich Bestätigung seines Lebens- und Überlebenswillens. Jesus bestätigt damit: es ist richtig, was du gemacht hast. Find dich mit deinem Schicksal nicht ab! Schrei deinen Lebenswillen und das Verlangen, sehen zu können, in die Welt hinaus – entgegen den Ratschlägen derer, die nur um sich kreisen und sich selbst genügen. Das hilft, das heilt, das bringt dich weiter.

Klar, dass diese Begebenheit später als Glaubensgeschichte erzählt wurde. Doch was hier als Glaube bezeichnet wird, war wohl ursprünglich der reine Überlebenswille, der Schrei nach Leben, nach einem Leben ohne Einschränkungen. Das wird in der frommen Deutung dann zum Ausdruck des Glaubens an den Gott des Lebens  -  Solche Deutung der Wirklichkeit und des Lebensalltags auf Gott hin gehört zu den ganz wesentlichen Aufgaben von Religion in dieser Welt.

Und heute? Welchen Wert hat das Weitererzählen dieser Glaubensgeschichte für uns heute noch? Mich fasziniert immer das Menschenbild, was vor allem im Markusevangelium als das christliche gezeichnet wird. Da wird die Eigenentfaltung des Menschen geschützt, bestätigt. Er soll sich eben nicht in sein Schicksal ergeben, schon gar nicht im Namen Gottes. Im Gegenteil: Gott achtet den Eigenwillen des Menschen und traut ihm eine Menge zu und gibt – so oft die fromme Deutung – dem Streben auch das Gelingen.

Ich denke, wir müssen die Bibel mit den Augen unserer Zeit und dem aufgeklärten Wissen von heute lesen. Da wird gewiss eine Menge Fundamentalismus auf der Strecke bleiben, aber trotzdem behält die Bibel eine einzigartige Faszination. Und fürs Leben taugt sie dann einfach mehr, weil darin unendlich viel Ermutigung für unsere konkrete Lebensgestaltung drin steht. Auch ganz profan kann man ja einem, dem schier Unglaubliches gelungen ist, sagen: Geh! Dein Glaube hat dir geholfen.

Amen.

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