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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Wes Geistes Kind bist du? (Lk 1,1-4; 4,14-21) Moderatoren: Weber
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Wes Geistes Kind bist du? (Lk 1,1-4; 4,14-21)  Dieses Thema wurde bisher 1.180 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
11 Januar 2007, 18:33 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Liebe Christen!

Das, was dieser Evangelientext über Jesus sagt, klingt wie ein Programm: der Geist ergreift diesen Menschen Jesus und bestimmt fortan sein Leben. Es wird ein Leben sein für die Armen und sozial Abhängigen, für die Gefangenen und Ausgestoßenen, für die Kranken und Behinderten, für die Niedergeschlagenen und psychisch Belasteten, für die Verschuldeten und Schuldigen. Was nach dieser Programmansage dann im Evangelium folgt, ist Erläuterung und Veranschaulichung dieses Programms. Und so werden anschließend jede Menge Heilungen erzählt, die auf wunderbare Weise konkret werden lassen, wes Geistes Kind dieser Jesus ist.

Wozu ein Mensch fähig sein kann.

Erstaunlich, wozu ein Mensch fähig sein kann, wenn er keine Berührungsängste hat: wenn er auf Besessene zugeht, Aussätzige berührt, Blinde und Gelähmte anspricht, Schuldigen und gesellschaftlich Geächteten Gemeinschaft anbietet. Auf der Stelle verändert er durch seine Menschlichkeit alles zum Besseren, so dass die Menschen drum herum von Wundern sprechen. Radikale Menschlichkeit – das ist das Geheimnis jener Geistbegabung, von der am Anfang die Rede ist.

Was man bei Jesus nicht findet: Abgrenzung von Menschen aufgrund bestimmter körperlicher oder geistiger Defizite, Ablehnung Andersdenkender oder von Menschen mit abweichenden Lebenseinstellungen. Nicht einmal Andersgläubige sind ihm suspekt, im Gegenteil: im Gleichnis vom barmherzigen Samariter lobt Jesus die  Barmherzigkeit und Menschlichkeit des Samaritaners, dessen Religiosität eher minimal ist. Jesus lebt vor, wo es richtig drauf ankommt: nicht auf theoretische Bekenntnisse, sondern auf das geistkonforme Tun. Gerade im Lukasevangelium zeigt Jesus eine Offenherzigkeit und Weite, die einfach gut tun, weil sie die unterschiedlichsten Menschen miteinander verbinden und in Gemeinschaft bringen.

Wozu man andere anstiften kann.

Interessant ist, dass die Wundergeschichten im Lukasevangelium verwoben sind mit Berufungsgeschichten. Was Jesus macht, ist Anstiftung zu radikaler Menschlichkeit. Was er tut, sollen auch andere tun. Darum beruft er die, denen er das zutraut. Und die meisten können sich seinem Ruf nicht entziehen.

Zwar lesen wir auch, wie schwer es den Berufenen oft fällt, diese radikale Liebe und Offenheit konsequent zu leben. Immer wieder mauert die Angst und trennt die vermeintlich Bösen von denen, die sich selbst für die Guten halten. Immer wieder grenzen die Rechtgläubigen die vermeintlich Irrgläubigen aus und kündigen die Gemeinschaft mit ihnen auf. Immer wieder lassen Egoismus und Eigennutz neue Klassen entstehen und dienen zur Rechtfertigung unchristlicher Ordnungen und Verhaltensweisen. Trotzdem bleibt Jesus der Maßstab, und viel Gutes ist in der Welt geschehen durch die, die dem Geist Jesu in sich Raum gegeben haben.

Warum die Angst heute so groß ist.

Was heute in der katholischen Kirche nicht zu übersehen ist, ist die Angst vor Identitätsverlust. Man befürchtet, durch allzu große Offenheit und allzu liebevolles Miteinander mit Nichtkatholiken die eigene Identität zu verlieren. Darum verbietet der Kölner Kardinal Meisner vehement, in Schulen mit muslimischen Kindern gemeinsam religiöse Feiern abzuhalten. Es sei eben nicht derselbe Gott, zu dem die katholischen und die muslimischen Kinder beten. Dabei vergisst der Kardinal, dass die legendären drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar, deren Gebeine er im Schrein des Kölner Domes zu beherbergen glaubt, eben Heiden waren und sich damals die Freiheit nahmen, das Kind in der Krippe anzubeten. – Und Angst treibt auch den Trierer Bischof Marx um, wenn er eucharistische Gastfreundschaft unter christlichen Brüdern und Schwestern so strikt ahndet, dass ein Priester, der zu dieser Gastfreundschaft einlädt, mit Suspension und mehr rechnen muss. Dabei wird der Mitgliederschwund unserer Kirche nicht aufgehalten durch disziplinäre Maßnahmen oder Abgrenzungen aus Angst.

Jesus hat das Gegenteil praktiziert. Seine Offenheit und radikale Menschlichkeit waren der Grund, weshalb die Menge ihm nachgelaufen ist. Eine Umkehr im Denken täte der Kirche gut.

Was sollen wir tun?

Bleibt die Frage für uns: was sollen wir tun? Übrigens wurde diese Frage ein Kapitel früher Johannes dem Täufer gestellt vom Volk, das in Scharen zu ihm kam. Und Johannes antwortete: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“ Den Zöllnern sagte er: „Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist.“ Und den Soldaten: „Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold!“ (vgl. Lk 3,10-14) Das ist zwar noch nicht die radikale Menschlichkeit die wir von Jesus kennen, wohl aber ein deutlicher Hinweis auf das Wohlergehen des Mitmenschen. Jesus ist da noch viel konsequenter. Deshalb ist seine Offenheit und alle Grenzen überschreitende Liebe für uns verbindlich – auch wenn´s deswegen mal Konflikte mit den irdischen Autoritäten geben sollte. Ist nicht Gott der Gott und Schöpfer aller Menschen, und liebt er sie deshalb nicht alle in gleicher Weise, wie Jesus es getan hat? Ich denke, da gibt es keine Präferenzen für uns Katholiken!

Amen.
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