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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Amt  ›  Priestermangel und Priestermängel Moderatoren: Weber
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Priestermangel und Priestermängel  Dieses Thema wurde bisher 1.693 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
21 März 2007, 21:56 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Dass es in Deutschland wie in den europäischen Ländern seit Jahren immer weniger Priester gibt, ist längst kein Geheimnis mehr. Die vorhandenen Priester sollen bis 70 Jahre oder länger arbeiten, weil die nachwachsenden zu wenige sind. Der Klerus ist überaltert.

Priestermangel

Es muss uns nachdenklich machen, wenn dieser an sich anspruchsvolle und attraktive Beruf von jungen Leuten heute nicht mehr angenommen wird – und das bei vier Millionen Arbeitslosen. Dabei wäre dieser Beruf ein lebenslang sicherer Arbeitsplatz mit guter Besoldung (vergleichbar den Beamten im höheren Dienst) und entsprechender Altersversorgung. Wie ist diese Zurückhaltung zu erklären? An erster Stelle wird immer genannt die Verpflichtung zum Zölibat, also die Verpflichtung zu einer privaten Lebensform, die die Ehe oder eine eheähnliche Partnerschaft verbietet. Diese Einmischung ins Private stößt heute auf wenig Verständnis. Doch ebenso unattraktiv ist das derzeit propagierte Priesterbild. Der Priester soll seiner Kirche gegenüber unkritisch sein (so wird er jedenfalls indoktriniert), dafür gehorsam seinem Bischof gegenüber und gut funktionieren, d.h. er soll wie ein Funktionär nur Überbringer sein von Botschaften, auch wenn er die selber nicht nachvollziehen kann. Diese Art von Solidarität mit dem Bischof ist gewünscht. Und im übrigen soll der Priester konservativ sein – bis hin zu seiner Kleidung, die ihn als Priester kenntlich macht. Junge Menschen, die kritisches Denken gelernt haben, die kreativ und innovativ arbeiten wollen, die selbständig denken und handeln und Eigenverantwortung übernehmen wollen, finden den Priesterberuf nicht attraktiv. Sie erleben ja ständig, wie in der Kirche nicht-konforme Theologen, die mit durchaus großer Verantwortung den geistigen Stillstand der Kirche aufbrechen wollen, mundtot gemacht oder kaltgestellt werden. Die Kirche trägt z. Zt. das Image der Unreformierbarkeit. Das sind nur einige Gründe für den Priestermangel. Selbst wenn heute den Frauen der Zugang zu diesem Beruf geöffnet würde (die Zeit dafür ist längst überfällig), wäre damit der Priestermangel keineswegs behoben. Meines Erachtens sind es grade die Frauen, die heute die Lust auf Kirche verlieren.

Priestermängel

Die Universitäten drohen damit, die katholisch-theologischen Fakultäten zu schließen, weil der Aufwand für so wenige Studentinnen und Studenten zu teuer ist. Es fehlt das Interesse der jungen Menschen. Daran hat auch der zweifache Besuch Papst Benedikts XVI. in Deutschland nichts geändert, der doch bei der Jugend wahre Stürme der Begeisterung ausgelöst hatte. Davon hatte man sich mehr Nachhaltigkeit versprochen. Der spärliche Priesternachwuchs, den es heute gibt, rekrutiert sich zu einem großen Teil aus sog. Spätberufenen. Das sind Späteinsteiger, die nach einigen Jahren Berufserfahrung in einem akademischen oder nicht-akademischen Beruf umschwenken zur Ausbildung als Priester. Eine Altersbegrenzung gibt es da wohl nicht. Neulich ist im Bistum Trier ein Witwer im Alter von 68 Jahren zum Priester geweiht worden. Es ist erstaunlich, wie wenig Wert bei diesen Späteinsteigern auf eine solide Ausbildung gelegt wird. So kann man heute schon ohne Abitur und ohne akademisches Studium Priester werden. Hauptvoraussetzungen sind die Bereitschaft zur Einhaltung des Zölibats und eine positive, aber unkritische Einstellung zum derzeitigen Erscheinungsbild der Kirche. Bei Priesterweihen und Primizen hört man gelegentlich ein Loblied auf die Berufung durch Gott, der auf verschlungenen Wegen Menschen in diesen Beruf bringt. Das hört sich gut an, aber wird im Vorfeld auch kritisch gewürdigt, warum jemand seinen erlernten Beruf aufgibt? Denn der Priesterberuf soll ja wohl kein Auffangbecken für Havaristen sein!

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: was ich sage, gilt selbstverständlich nicht pauschal von allen Spätberufenen und schon gar nicht unterstelle ich einem konkreten Einzelnen irgendetwas, aber ich erkenne eine Tendenz, die nicht gesund ist. Denn der schlecht ausgebildete Priester fühlt sich im Beruf hoffnungslos überfordert, er schlüpft in die Rolle des konservativen Ritualisten, der eher magische denn menschliche Kompetenz und Autorität ausstrahlt. Es ist eine unechte, eine geliehene Autorität, die durch die eigene Persönlichkeit nicht gedeckt ist. Das macht unglaubwürdig. Und so ist die Resonanz in der Gemeinde auf diese Priester durchaus zwiespältig. Kaum einer wird durch sie in die Kirche gelockt, eher das Gegenteil ist der Fall.

Ausblick

Viele ältere Priester erwarten mit Sehnsucht den Eintritt ihres Ruhestandes, weil sie den immer größer werdenden Aufgaben nicht mehr gewachsen sind. Ich kenne viele Pfarrer, die froh sind, wenn es in der Gemeinde keine Unruhe gibt. Es soll alles bleiben, wie es war; denn Neues bringt nur Unruhe, und Veränderung macht das gute Alte kaputt. In gewisser Weise kann ich das verstehen. Tatsächlich hätten diese Geistlichen längst den Ruhestand verdient, ja wirklich verdienst, weil sie sich ein Leben lang in der Gemeinde abgerackert haben. Aber was kommt danach? Nicht der Priesterberuf muss attraktiver gemacht werden, sondern die Kirche, die jungen Menschen als Arbeitsplatz gefallen muss. Zwar kommt der Priestermangel dem gegenwärtigen Spar-Zwang der Diözesen entgegen (manchmal ist es schon eine Spar-Wut), doch das Sparen macht leicht vergessen, dass Priestermangel eben ein Mangel ist und kein Geschenk Gottes.  
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