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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Seid bescheiden und großzügig zugleich! (Lk 14) Moderatoren: Weber
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Seid bescheiden und großzügig zugleich! (Lk 14)  Dieses Thema wurde bisher 1.170 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
23 August 2007, 18:02 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Seid bescheiden und großzügig zugleich! (Lk 14, 1.7-14)

Liebe Christen!

Das Evangelium, das wir soeben gehört haben, ist deutlich zweigeteilt. Im ersten Teil mahnt Jesus: Gäste, die zu einer Hochzeit eingeladen sind, sollen nicht gleich die besten, die ersten Plätze einnehmen, sondern die letzten. Der Gastgeber könne dann immer noch sagen: Rücke auf! Dem bescheidenen Gast würde das zur Ehre gereichen. Jesus hatte nämlich beobachtet, wie die Gäste bei einem Essen, gleich die Ehrenplätze einnahmen. Was Jesus anmahnt, ist gewissermaßen eine Regel des guten Benimms bei Tisch. So etwas wird auch heute noch Kindern vermittelt in Familien, wo Wert auf Etikette gelegt wird. – Natürlich geht es Jesus nicht um Tischsitten, sondern er nimmt das schlechte Vorbild zum Anlass, um schlicht Bescheidenheit anzumahnen, die dann irgendwann belohnt werden oder sich auszahlen könnte. Bescheidenheit ist eine christliche Grundhaltung, übrigens nicht von Jesus erfunden, sondern in der ganzen Heiligen Schrift bezeugt. So etwa in den Seligpreisungen der Bergpredigt oder im Magnificat („Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen; die Hungrigen beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen“). Im Alten Testament gibt es ähnliche Aussagen.

Im zweiten Teil ändert Jesus den Adressaten seiner Rede, er spricht den Gastgeber an. Offensichtlich war es schon damals so, wie es noch heute üblich ist: wer zum Essen einlädt, erwartet eine Gegeneinladung, und wer eingeladen worden ist, fühlt sich verpflichtet, ebenfalls wieder einzuladen. So wird der Kreis schön konstant gehalten und man bleibt unter sich. Jesus dagegen fordert den Gastgeber auf, an Stelle der üblichen Gäste (Freunde, Verwandte, reiche Nachbarn) lieber Arme, Krüppel, Lahme und Blinde einzuladen. Die sind zwar nicht in der Lage, eine Gegeneinladung zu machen, aber der Gastgeber wird für diese Geste am Ende der Tage belohnt werden. Oder – wer das Bild von der ewigen Vergeltung nicht mag, dem soll es genügen, dass die letztere Einladungspraxis okay ist. – Wenn man die in den beiden Abschnitten von Jesus eingeforderten Haltungen auf einen kurzen Nenner bringen will, dann könnte man zusammenfassend sagen: Seid bescheiden und seid großzügig zugleich!

Bis jetzt habe ich die Worte des Evangeliums mehr oder weniger nacherzählt und dabei präzisiert. Das ist noch keine Auslegung, keine Aktualisierung für unsere Lebenszusammenhänge heute. Gewöhnlich geschieht das, indem der große Lebensentwurf Jesu dann in kleine Münze gewechselt wird und dem treuen Kirchenbesucher ein schlechtes Gewissen eingeredet wird. Sie wissen längst, dass das nicht meine Art zu predigen ist. Für mich ist vielmehr die Frage, ob die Kirche insgesamt als konstitutive gesellschaftliche Größe den Willen Jesu klar lehrt und glaubwürdig lebt. Immerhin beansprucht die oberste Leitung der Kirche, in allen Fragen des Glaubens und der Sitte unfehlbar zu sein. Dazu nun einige Beispiele, die zu denken geben.

1.     Beispiel. Jesus sagt uns allen, die wir eingeladen sind ins Reich Gottes:
Setz dich auf den letzten Platz! Und was tun wir? Wir bezeichnen unsere heilige, katholische Kirche als die einzig wahre und setzen uns damit auf den ersten Platz. Und um allen klar zu machen, dass wir und nur wir Katholiken dahin gehören, bezeichnen wir alle anderen Christen als „nicht im eigentlichen Sinne Kirche“. Damit verweisen wir sie auf die vorletzten Plätze – als wären sie Christen zweiter Klasse. Ich empfinde das als arrogant, und nicht nur ich. – Als neulich der Dalai Lama in Hamburg zu einem buddhistischen Kongress erschien, haben ihn Tausende begeistert gefeiert und seiner Botschaft gelauscht. Als dann noch die Presse von einer Umfrage berichtete, dass der Dalai Lama in der deutschen Bevölkerung beliebter sei als der Papst, wurden in den Ordinariaten die besten Hoftheologen bemüht, gegen diese Überbewertung des buddhistischen Vertreters zu schreiben. Die Angst ging um, der erste Platz sei in Gefahr.

2.     Beispiel. Jesus sagt uns allen, wir sollen großzügig sein und mit
unseren Einladungen nicht unter uns bleiben. Und was machen wir? Wir halten uns bei der Eucharistiefeier alle auf Abstand, die nicht katholisch sind. Nach dem Glauben wird nicht gefragt, nach dem inneren Bedürfnis und der geistlichen Bedürftigkeit wird nicht gefragt, einzig nach dem kirchenrechtlichen Status. Großzügig den Menschen gegenüber ist das nicht. Und Priester, die sich diesem Kleinglauben nicht unterordnen, sondern die Großzügigkeit Jesu praktizieren, werden suspendiert. – In diesem Zusammenhang darf man auch mal an die Posse erinnern, die letztlich durch die Presse ging. In einer Koblenzer Pfarrei wurde der Pfarrsaal für die Feier des 60. Geburtstages der evangelischen Ehefrau  eines katholischen Pfarrangehörigen nicht vermietet, weil laut Satzung der Pfarrsaal nur an katholische Pfarrangehörige vermietet werden darf. Da hat die Großzügigkeit Jesu, die Arme, Krüppel, Lahme und Blinde einbindet, nicht Pate gestanden.

Kirchliches Lehren und Handeln sind Ausweis dafür, wie wir Nachfolge Christi verstehen, sind Zeugnis in der Welt, nach dem wir beurteilt werden. Ebenso sind natürlich auch unsere eigene Bescheidenheit und Großzügigkeit im Umgang mit den Menschen Ausweis unserer christlichen Reife. Manche Praxis in der Kirche und auch in der einzelnen Kirchengemeinde und selbstverständlich auch in unserem privaten Handeln ist durch Jesu Wort und Geist nicht gedeckt.

Amen.

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