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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Weihnachten  ›  Heute ist euch der Heiland geboren Moderatoren: Weber
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Heute ist euch der Heiland geboren  Dieses Thema wurde bisher 3.071 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
25 Dezember 2007, 13:18 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Liebe Christen!

Im Weihnachtsevangelium sagt der Engel des Herrn: „Heute ist euch der Heiland geboren: es ist der Messias, der Herr“ (Lk 2,11). Dieses Heute sieht in jedem Jahr anders aus, weil sich die Zeiten ändern. Was ist heute denn anders als noch vor ein paar Jahren?

Das veränderte Heute

Vor Jahren war es noch ganz selbstverständlich, dass Weihnachten ein Fest der Kirche war. Da ging man ganz selbstverständlich in die Kirche zum Gottesdienst. Das gehörte sich so. Dieses Bewusstsein ist weithin verloren gegangen. Heute kommen vor allem die Älteren noch, die Jungen bleiben weitgehend weg. Sie glauben vielleicht noch an Gott, aber oft ausdrücklich nicht im kirchlichen Sinn. Die Kirche kommt sich langsam überflüssig vor. Und darum macht sie Strukturreformen: legt Gemeinden zusammen oder löst sie gar auf und treibt so den Zerfall der Gemeinden selber noch voran.

Eine andere Veränderung: die Politik – auch wenn sie von einer christlichen Partei maßgeblich mitgestaltet wird – formuliert die Wertmaßstäbe schon lange eigenständig ohne Mitwirkung oder Einverständnis der Kirchen. Sonn- und Feiertage sind längst kein Tabu mehr für den Handel, die Stammzellenforschung geht eigene Wege und zu den sozialen Problemen schweigt die Kirche. Sie ist nicht mehr Anwalt der Armen. Im Gegenteil: als Arbeitgeberin verhält sie sich wie alle Arbeitgeber: sparen, entlassen, mehr Arbeitsstunden für weniger Lohn.

Und auch das ist anders geworden: die geistige Landschaft. Der Atheismus meldet sich zu Wort gleich in mehreren Büchern, die zu Bestsellern geworden sind, und natürlich in Talkshows. Er suggeriert ein schlüssiges Weltbild, in dem Gott überflüssig ist. Dieses Gedankengut wird aufgesogen wie Wasser von einem ausgetrockneten Schwamm; denn das Defizit an Glaube und Spiritualität ist bei den heutigen Menschen unübersehbar. Der Kirche ist es nicht gelungen, den Durst nach Glaube, Hoffnung und Liebe zu stillen. Man spricht zwar von einem neuen religiösen Aufbruch, aber der geht ganz offensichtlich an den Kirchen vorbei. – In diese veränderte Situation verkündigen wir heute die Weihnachtsbotschaft.

Im Mittelpunkt der Mensch

Wenn wir heute bekennen „Gott ist Mensch geworden“, dann bekennen wir uns zu einem ganz bestimmten Menschenbild. Der Limburger Alt-Bischof Franz Kamphaus hat das mal so formuliert: „Gott steckt in unserer Haut.“ Natürlich nicht nur in der Haut der Christen, sondern in der Haut eines jeden Menschen. In einer globalisierten Welt, wo die Rassen, die Kulturen, die Religionen aufeinander stoßen, da bekommt der alte Glaube, dass alle Menschen Ebenbild Gottes sind, eine ganz neue Dimension. Und wo Flüchtlinge neben ihrer kulturellen Eigenart auch noch ihre Armut und ihr Leid in unsere Wohlstandsgesellschaft importieren, da wird unser Glaubensbekenntnis automatisch ein Bekenntnis zur Menschlichkeit gegenüber den Fremden werden müssen. Unsere Religion ist von ihrer Lehre her grenzenlos tolerant und menschenfreundlich. Leider ist das in der Praxis der Kirche nicht immer so. Und das schadet ihrer Glaubwürdigkeit.

Der Atheismus mag die Schwachstellen unserer Theologie aufdecken, er vermag jedoch nicht die Menschen zu mehr Menschlichkeit zu motivieren. Eine Welt ohne Gott ist eine zutiefst egoistische Welt. Sie redet der natürlichen Selektion (Auslese der Besten) das Wort und schert sich nicht um die Verlierer. Weihnachten feiern ist ein Bekenntnis zur Würde jedes Menschen, gerade auch des Verlierers, des Schwachen, des Außenseiters, des Fremden in jeder Hinsicht. – Ein letzter Gedanke:

Vom Wert des Gottesdienstes

In jeder Gemeinde wird Gottesdienst gefeiert. Das muss auch in Zukunft so bleiben, selbst wenn es nur wenige Besucher gibt. Denn der Gottesdienst ist die Quelle, aus der wir geistlich leben; muss die Quelle sein, aus der wir unseren Alltag und das Antlitz der Kirche gestalten. Der Gottesdienst ist für das Leben des Christen so etwas wie das Navigationsgerät für den Autofahrer. Ich gebe zu, dass die Software manchmal etwas veraltet ist und nicht auf dem neuesten Stand; m. a. W.: die Verkündigung liegt im Argen und das nicht nur bei den Gemeindepfarrern, sondern bei denen, die die letzte Verantwortung für die Verkündigung tragen. Aber wir wissen auch, dass die Predigt nicht alles ist. Der Lenker der Geschicke unseres Lebens wie der der Kirche ist Gott selber. Er weiß, was er will, er weiß, was er tut. Auf seine Führung dürfen wir vertrauen.

Noch einmal darf ich die Parallele zum Atheismus unserer Tage ziehen. Er ist eine private Lebensphilosophie und führt keine Menschen zusammen wie die Kirche es tut, er motiviert nicht zur Liebe und kümmert sich nicht um die Verlierer in unserer Gesellschaft. Wenn die Kirche etwas näher am Menschen wäre, wenn sie eine verständlichere  Sprache sprechen würde und die nötigen Reformen in Angriff nähme, dann würde sie junge und alte Menschen wieder begeistern. Eigentlich fordert das Weihnachtsfest diese Inkarnation (Menschwerdung) der Kirche ein. Und  deshalb geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die Kirche Zukunft hat.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und allen Ihren Lieben ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Amen.
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