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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Amt  ›  Priesterberufung Moderatoren: Weber
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Priesterberufung  Dieses Thema wurde bisher 3.224 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
09 April 2008, 21:07 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Liebe Christen!

Vor drei Wochen feierte die Kirche den Sonntag vom guten Hirten. Traditionell wird an diesem Sonntag auch der Weltgebetstag für die geistlichen Berufe begangen. Es drängt mich im Nachhinein, zu diesem Thema etwas zu sagen.

1.     Botschaften an der Wirklichkeit vorbei
Ich habe im Internet nachgeschaut, was die Diözesen und der Papst zu diesem Thema verlautbart haben. Der Papst hat eine Botschaft geschrieben, in der er die Missionare, die in aller Welt tätig sind, lobt. Er erinnert an eine Initiative Papst Pius XII., der seinerzeit die Diözesen aufgefordert hatte, Priester für die Missionstätigkeit der Kirche frei zu stellen. Diese Missionare wurden als donum-fidei-Priester bekannt. Es ist inzwischen nur noch eine kleine Gruppe, aber immerhin wert, in einer päpstlichen Botschaft des Jahres 2008 besonders erwähnt zu werden. Ob der Papst noch nicht gemerkt hat, dass Europa inzwischen selber Missionsland geworden ist? Uns fehlen heute jede Menge Priester, und die Menschen laufen der Kirche in Scharen fort. Zur aktuellen Problematik bei uns sagt der Papst kein Wort.

Ein Blick ins Bistum Mainz, ins Bistum von Kardinal Lehmann, dem früheren Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Dort gibt Domkapitular Prälat Dr. Peter Hilger zum Thema ein Interview. Auf die Frage „Wie kann im Bistum Mainz das Klima für Geistliche Berufe verbessert werden?“ antwortet der für den Priesternachwuchs zuständige Geistliche: „Das Klima für geistliche Berufe – speziell im Blick auf den Priesterberuf – verbessern wir meines Erachtens nicht zuletzt dadurch, dass wir den priesterlichen Zölibat ohne wenn und aber bejahen und nicht leichtfertig relativieren oder in Frage stellen. Das Zweite Vatikanische Konzil und mehrere darauf folgende Welt-Bischofssynoden, nicht zuletzt vielfältige Verlautbarungen der Deutschen Bischofskonferenz heben unmissverständlich hervor, dass das ehelose Leben dem Priesterberuf höchst angemessen ist, und es auch in Zukunft bleibt.“ Autoritäten wie Konzil, Welt-Bischofssynoden und die Deutsche Bischofskonferenz sind Autoritäten genug, um eigenes Denken gar nicht erst aufkommen zu lassen. Oder war es eine gezielte Antwort auf die Feststellung des Nachfolgers von Kardinal Lehmann, Erzbischof Zollitsch von Freiburg, der den Zölibat als theologisch nicht notwendig bezeichnet hatte? Mir ist keine deutsche Diözese bekannt, wo zur Frage des Priesternachwuchses wirklich Neues gesagt worden wäre. Jeder Bischof hat das Problem und keiner fühlt sich gedrängt, es zu lösen!

2.     Verheiratete Männer oder Frauen im Priesteramt
Ich bin der Meinung – und stehe damit sicher nicht allein, dass es keinen stichhaltigen Grund gibt, weiterhin Frauen oder Verheiratete vom Priesteramt auszuschließen. Wenn das Konzil oder irgendeine Synode den Zölibat als angemessene Lebensform bezeichnet, dann müsste das weiter begründet werden. Und wenn der Zölibat ein Ideal ist (wie immer behauptet wird), dann würde er das auch bleiben, wenn dazu nicht jeder Priester zwangsverpflichtet würde. Zum Ideal gehört die Freiheit, in der man sich zu ihm verpflichtet. Und was die Frau anbetrifft: sie grundsätzlich vom priesterlichen Dienst auszuschließen ist Diskriminierung und Verletzung eines Menschenrechtes. Kein Arbeitgeber könnte vor einem Arbeitsgericht bestehen, wenn er einer Frau einen Arbeitsplatz verweigert, nur weil sie Frau ist. Der Priestermangel ist insgesamt ein hausgemachtes Problem und alles Gejammer bei den Verantwortlichen Heuchelei. – Doch selbst wenn die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt geändert würden, wäre das Problem des Priestermangels erst zur Hälfte gelöst. Die andere Hälfte ist noch viel komplizierter.

3.     Berufung im Neuen Testament
Es geht – wenn man so will – um das Berufsbild des Berufenen. Lassen Sie es mich salopp ausdrücken: Jesus hat keine Kirche institutionalisiert. Vielmehr hat er in seine persönliche Nachfolge gerufen. Er hat keine Jünger zu kirchlichen Angestellten berufen und schon gar nicht gegen Bezahlung eingestellt. Jesus hat keine Funktionäre berufen, die dafür sorgen sollen, dass die Institution Kirche reibungslos funktioniert. Es ging ihm nicht um System stabilisierende Hilfskräfte. Er hat kein Kirchensteuersystem verteidigt, er hat nicht dem jüdischen Gesetz  gedient, er hat vielmehr den Schriftgelehrten und Pharisäern den Marsch geblasen, wenn es nötig war, und die Nähe bzw. Anwesenheit des Reiches Gottes verkündet. Und in dieser Tätigkeit sollten es ihm die Jünger gleich tun. Das war der Inhalt der Berufung.

Was heißt das?  Die Jünger sollten – wie Jesus es tat – das jüdische Gesetz auf Menschlichkeit hinterfragen und dann mutig gegen Hartherzigkeit opponieren. Die Jünger sollten – wie Jesus es tat – couragiert für die Armen, auch für die Armen im Geiste, Partei ergreifen und ihnen jenes Selbstwertgefühl zurückgeben, das ihnen die Reichen und die Gerechten, vor allem die Selbstgerechten genommen hatten. Die Jünger sollten – wie Jesus – keinem System dienen, sondern den Menschen. Die Jünger sollten – wie Jesus es tat – das Reich Gottes in Wort und Tat verkünden und keine irdische Herrschaft (und mag sie für noch so heilig gehalten werden), also keine Hierarchie stabilisieren.

Sie sehen: Wenn die Kirche heute von Berufung spricht, meint sie etwas ganz anderes, als Jesus gemeint hat, als er von Berufung sprach. In der Kirche heute versteht man unter Berufung eher die Eignung zum Kirchenbeamtentum. Da tut man treu und brav seinen Dienst nach Vorschrift und wird dafür nicht schlecht entlohnt. Es geht heute mehr um die ideologische und finanzielle Konsolidierung des Konzerns als um die wirkmächtige Ansage des Reiches Gottes. Und mancher „berufene“ Kleriker will lieber Karriere machen als in die Kreuzesnachfolge Jesu eintreten. Der von Jesus geforderte Dienst an den Menschen ist bisweilen zur Herrschaft über Menschen verkommen. Erst wenn das Bild von der Berufung wieder zurecht gerückt wird, werden junge Männer und junge Frauen Lust verspüren, sich von Jesus rufen und von der Kirche senden zu lassen.

Ich bin mir der Provokation meiner Worte bewusst. Ich weiß auch, dass alles noch komplizierter ist, als ich es dargestellt habe. Aber wer mit offenen Augen in der Kirche die gegenwärtigen Reformen verfolgt, muss leider feststellen, dass alle Bemühungen an den wesentlichen Fragen vorbei gehen und damit ins Leere laufen. Schade um den Energieverlust. Dennoch ist keiner so zuversichtlich wie ich, dass es bald frischen Wind in der Kirche geben wird. Ich vertraue auf die Laien, die sich ihrer Stärke und Bedeutung noch gar nicht so recht bewusst sind. Die Kirche wird einen neuen Frühling erleben. Ich glaube daran.

Amen.

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