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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Wider die Resignation (Mt 13, 1-9.18-21) Moderatoren: Weber
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Wider die Resignation (Mt 13, 1-9.18-21)  Dieses Thema wurde bisher 8.693 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
10 Juli 2008, 20:50 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Liebe Christen!

Das Evangelium, das wir soeben gehört haben, enthält das Gleichnis vom Sämann und die Deutung dieses Gleichnisses. Zwischen dem Gleichnis und der Deutung gibt es im Originaltext noch einen längeren Abschnitt, den ich weggelassen habe, wo Jesus auf die Jünger-Frage eingeht, warum er überhaupt in Gleichnissen zu den Menschen rede. So haben wir nur zwei Texte gehört: das Gleichnis und die Deutung. Beide Texte sollten wir strikt auseinander halten. Warum? – das werden Sie sehen, wenn ich gleich beide Texte nacheinander erkläre.

Das Gleichnis.
Es ist ein Bild aus der Landwirtschaft. Der Bauer streut den Samen aus. Und nun werden vier einzelne Samenkörner wie mit einer Zoom-Kamera eingefangen und beobachtet. Das Ergebnis kennen Sie: aus drei Samenkörnern wird nichts, aber das vierte Korn bringt reiche Frucht – vielleicht hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach. Und dann kommt die Aufforderung: „Wer Ohren hat, der höre!“ Wir haben alle zwei Ohren und haben gehört, aber die meisten haben wohl mehr gehört als das Gleichnis, weil wir zugleich mit dem Gleichnis auch die Deutung schon im Ohr haben. Doch wollten wir beides voneinander trennen.

Das Gleichnis für sich genommen ist ein wunderbares Bild gegen die Resignation. Es will sagen: es kann gar nicht alles gelingen. Und deshalb macht auch keiner dem Bauern einen Vorwurf, dass er etwa nicht sorgsam genug mit dem Samen umgegangen wäre oder dass er bei der Aussaat besser hätte aufpassen müssen, dass ja keine Körner dahin fliegen, wo sie nicht gedeihen können. Jesus meint: so ist es in jedem Leben. Es gelingt nicht alles. Und das ist auch nicht schlimm. Es reicht, wenn nur etwas von dem gelingt, was wir uns vorgenommen haben. Und wie der Bauer im Gleichnis nicht resigniert, weil da etwas auf dem Feld nicht aufgeht, sondern sich an der reichen Frucht der anderen Körner freut, so sollen auch wir im Leben nicht resignieren, wenn mal etwas schief geht, sondern uns freuen an dem, was gelingt. Das Gleichnis ist eine unglaubliche Ermutigung zum Leben. Wie der Optimist ein zur Hälfte gefülltes Glas als halbvoll bezeichnet und nicht wie der Pessimist als halbleer, so sollen wir uns freuen am Gelungenen und nicht resignieren, wenn etwas misslingt. Das ist typisch Jesus: er erklärt die Lebenswirklichkeit und ermutigt zum Leben, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben. Jesus will sagen: Nehmt das Leben an, wie es ist, mit seinen Höhen und Tiefen, mit seinen Erfolgen und Misserfolgen, mit Gesundheit und Krankheit, mit Ehre und Verachtung, sogar mit dem Tod. Übrigens war das ja auch die Einstellung zum Leben, die Jesus selbst vorgelebt hat. Ihm war die höchste Anerkennung und Verehrung durch die Menschen so vertraut wie die tiefste Erniedrigung; Tabor und Golgotha gehören zusammen. Doch an ein endgültiges Scheitern seines Lebens und seiner Sendung konnte er nicht glauben, weil er auf die unendliche Liebe Gottes vertraute. Und die lässt keinen im Stich, auch nicht im Tod. Zu diesem Gottvertrauen will Jesus ermutigen, und dann wird alles gut – manchmal erst im Tod oder durch den Tod.

Die Deutung.
Wie anders ist der Geist, der aus der Deutung des Gleichnisses spricht. Da gibt es moralische Seitenhiebe am laufenden Band. Da weiß ein Dreimalkluger, wie alles zusammenhängt und woran der Misserfolg liegt. Das atmet nicht den Geist Jesu, obwohl alles so erzählt wird, als hätte Jesus es gesagt.

Wahrscheinlicher ist, dass die Deutung des Gleichnisses von Gemeindeleitern jener Zeit stammt, als das Evangelium aufgeschrieben wurde. Die hatten nämlich ihre liebe Last, die Gemeindemitglieder – besonders die neuen – bei der Stange zu halten. Die Anfangsbegeisterung war groß, aber dann gab es doch Vorbehalte. Und dann wird in der Verkündigung schon mal übers Ziel hinausgeschossen wie immer, wenn sich eine Krise anbahnt. Da gibt es dann die Guten und die, die nichts taugen; die Erwählten und die Verworfenen; die Geretteten und die Verdammten. Nicht jede Auslegung des Wortes Gottes würde Jesus als authentisch unterschreiben – weder damals noch heute. Zum Glück hat er selber nichts Schriftliches von sich gegeben, sondern darauf vertraut, dass die Seinen von ihm weiter erzählen. Aber es ist schon etwas gewagt, jedes Wort der Bibel unbesehen als „Wort Gottes“ zu bezeichnen.

Wir halten uns am besten an das Gleichnis selbst. Und das besagt, dass nicht alles im Leben gelingen muss. Aber wer so liebt wie Jesus und so auf Gott vertraut, wie er es getan hat, dessen Leben kann gar nicht misslingen. Und auch das ist klar: Jesus ist unser Vorbild, das wir nie einholen können. Muss auch nicht; der ernsthafte Versuch reicht.

Amen.
geloggt Offline
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