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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Ich bin dankbar. (2 Kor 3, 2-6) Moderatoren: Weber
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Ich bin dankbar. (2 Kor 3, 2-6)  Dieses Thema wurde bisher 2.607 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
09 November 2009, 20:47 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
liebe Gemeinden von Quadrath und Ichendorf!

Zum letzten Mal feiere ich heute als Pfarrer von Quadrath und Ichendorf die heilige Messe in dieser Kirche und habe damit die Gelegenheit, mich mit dieser Predigt ganz offiziell von Ihnen zu verabschieden. Was sagt man wohl zum Abschied, wo man sich wohl gefühlt hat? Ich sage: Danke!

1.     Dank an die Gemeinde
Ganz oben steht für mich der Dank an die Gemeinde. Nach gut 19 Jahren Seelsorgearbeit in diesen Gemeinden spricht mir der hl. Paulus aus der Seele, wenn er zu seiner korinthischen Gemeinde sagt: „Unser Empfehlungsschreiben seid ihr; es ist eingeschrieben in unser Herz, und alle Menschen können es lesen und verstehen. Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, ausgefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch“ (2 Kor 3,2f.). Genau das empfinde ich heute, wenn ich Sie so vor mir sehe. Wenn einer an meinem priesterlichen Selbstverständnis zweifelt, wie z. B. der Erzbischof von Köln, dann soll er sich diese Gemeinden anschauen.

Sie sind keine Gemeinden der Vollkommenen, Sie sind auch keine Superchristen im Sinne der Morallehre, aber Sie sind tolerant; Sie dulden Abweichler und brandmarken keinen Versager. Weil Sie Ihre eigenen Grenzen kennen, sind Sie gnädig mit sich und anderen. Sie waren ja immer gnädig auch mit mir. All das zeichnet Sie aus als Christen: Ihr Menschsein. Was Sie noch auszeichnet: Ihr Engagement in der Gemeinde und über die Gemeinde hinaus. Vereine, Gremien, Gruppierungen und viele einzelne Persönlichkeiten haben in der Kirchengemeinde und übergreifend im gesellschaftlichen Raum einiges bewegt. Darauf bin ich sehr stolz. Vor allem hat mir gefallen. Dass kleinkariert-katholisches Denken hier nie eine wirkliche Chance gehabt hat. Im Gegenteil: es gibt etliche Menschen, die der katholischen Kirche nicht oder nicht mehr angehören, die trotzdem zu den Gemeinde gestaltenden Kräften gehören. Zwar habe ich diese Offenheit und Weite immer gefördert, aber eben nur gefördert; sie waren als Bereitschaft längst vorhanden und bedurften meist nur der ermunternden Worte, um in Erscheinung treten zu dürfen.

Was ich hier oft bewundert habe: das persönliche Engagement einzelner in der sozialen Tat. Das Kriterium des Christlichen ist ja nicht der Messbesuch allein, sondern ganz entscheidend die Tat, die aus Liebe oder aus Mitleid geschieht: z. B. die Pflege Kranker und Hilfsbedürftiger in der Familie, Sterbebegleitung ohne finanzielle Absichten, ehrenamtlicher Einsatz bei sozial Schwachen und vieles andere mehr. Die so Engagierten gehören keineswegs immer zu den kirchlichen Vorbetern, sie sind manchmal gar nicht kirchlich orientiert, und doch ist ihr Tun wahrhaft christlich. Man muss nur Augen haben um zu sehen und Ohren um zu hören, um die verborgenen Christen zu erkennen. Ich habe hier viele davon kennen gelernt und bin sehr dankbar dafür.

Und noch was hat mir hier gefallen: die Menschen können feiern. Wer feiert, bringt zum Ausdruck, dass er einen Überschuss an Hoffnung hat, auch wenn die gegenwärtige Situation das eigentlich gar nicht rechtfertigt. Ich bin gerne unter Menschen, die feiern und Lebensfreude verbreiten. Die Quadrath-Ichendorfer sind keine Freunde von Traurigkeit. Aber auch in der Kirche können sie feiern, ob das Ostern ist oder ein Begräbnis. Sie sind mit dem Herzen dabei, und das gibt dem Leben Tiefe, auch in religiöser Hinsicht.

2.     Dank an meine Vorgänger und Mitarbeiter
Ein zweiter Gedanke. Ich bin auch meinen Vorgängern zu Dank verpflichtet. Im Evangelium hörten wir das Wort: „Einer sät, und einer erntet. Ich habe euch gesandt zu ernten, wofür ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit“ (Jo 4,38).

Vieles, was ich in diesen Gemeinden als reife Frucht geerntet habe, hatte nicht ich gesät, sondern einer meiner Vorgänger oder irgendwelche Mitarbeiter oder Ehrenamtliche ihrer Zeit. So gab es, als ich anfing, bereits organisierte ehrenamtliche Kräfte, die die Kinder auf die Erstkommunion und Jugendliche auf die Firmung vorbereiteten. Ich habe schon öfter betont, dass dieses Potenzial, das die Ehrenamtlichen darstellen, mit Gold nicht aufzuwiegen, geschweige denn mit Geld bezahlbar ist.

Bescheiden darf ich hinzufügen, dass auch ich gesät habe, zusammen mit den Kaplänen, Diakonen und Pastoralreferenten und den vielen, vielen Ehrenamtlichen. Ich vertraue darauf, dass diese Saat aufgeht und dass dann irgendwann einer die Aussaat auch ernten kann. Der Boden für das Saatgut des Christlichen ist in Quadrath-Ichendorf nicht schlecht, manches braucht seine Zeit, dafür ist die Frucht dann um so nachhaltiger. Aus meine fast zwanzigjährigen seelsorglichen Erfahrung in diesen beiden Gemeinden möchte ich Ihnen allen sagen: es war eine Freude, in Quadrath-Ichendorf Pastor gewesen zu sein. Dafür danke ich Ihnen.

3.     Dank an Gott
Ein letzter Gedanke. Es ist grundsätzlich richtig, dass man seine persönliche Lebensgeschichte wie auch die beruflichen Erfahrungen von Gott her deuten darf. Das nehme ich für mich jedenfalls in Anspruch. Mein Platz als Pastor war hier, weil der liebe Gott und das erzbischöfliche Generalvikariat das so gewollt hatten. Das war für mich eine tolle Aufgabe und eine Herausforderung zugleich. Dafür bin ich sehr dankbar, dass mir diese Chance gegeben war. Wenn ich nun gehe, dann mache ich eine tiefe Verbeugung vor Ihnen allen, weil Sie mir ans Herz gewachsen sind, und vor dem lieben Gott, der es so gut mit mir gemeint hat. Meine Zeit ist abgelaufen. Eine neue Zeit beginnt, und ich wünsche mir und Ihnen, dass es wieder eine gute Zeit wird.

Amen.

Mit dieser Predigt habe ich mich am 31. August 2003 in Quadrath-Ichendorf in den Ruhestand verabschiedet.

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