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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Amt  ›  Was die Krise des Amtes überwinden könnte Moderatoren: Weber
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Was die Krise des Amtes überwinden könnte  Dieses Thema wurde bisher 2.462 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
28 April 2010, 20:44 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Liebe Christen!

Fast müsste man sich schämen, katholischer Priester zu sein. Ich tue es nicht. Aber ich schäme mich für das, was Mitbrüder getan haben, als sie Kinder und Jugendliche sexuell missbrauchten oder ihnen, den Schwachen, Gewalt antaten. Gott sei Dank gibt es innerhalb und außerhalb der Kirche mutige und wache Mitbürger, die Skandale in der Kirche beim Namen nennen, und freie und unabhängige Medien, die das öffentlich machen, was in die Öffentlichkeit gehört. Die Kirche steckt zur Zeit in einer schweren Krise: es ist eine Krise der Führung oder des Amtes, nicht eine Krise der Gläubigen. Das ist meine Bewertung der gegenwärtigen Situation, und ich stehe damit nicht allein. Sie mögen dazu eine andere Meinung haben, das sei Ihnen unbenommen. Das Priesteramt, wie es sich heute darstellt, ist an junge Leute nicht mehr vermittelbar. Was muss geschehen? Ich will an Hand von drei Fragen einen Weg andeuten, wie die Krise des Amtes überwunden werden könnte. Es sind zentrale Fragen, aber längst nicht alle, die sich in diesem Zusammenhang stellen.

1.     Wer ist für das Priesteramt geeignet?
Nur Männer? Nur Männer, die auf Sex verzichten? Die Realität spricht eine andere Sprache. Reine Männerdomänen sind ungesund; sie ziehen nicht nur zu hehrem Dienst Berufene an, sondern auch sexuell Gestörte. Pädophilie ist eine sexuelle Störung, nicht aber Homosexualität. Es gibt viele homosexuell geprägte Priester, die hervorragende Dienste leisten, aber keineswegs pädophil sind. Diese Unterscheidungen sind schon wichtig. Die Kirche war bisher nicht bereit, diese Unterschiede anzuerkennen.

Man fragt sich natürlich, ob der Pflichtzölibat Schuld ist, wenn Priester pädophil ausflippen. Natürlich nicht, meint der Papst und mit ihm seine Hoftheologen. Etwas differenzierter sieht das Bischof Robinson, emeritierter Weihbischof in Sydney. Er leitete viele Jahre die Missbrauchskommission der australischen Bischofskonferenz. Bischof Robinson glaubt zwar nicht, dass der Zölibat die einzige Ursache ist für sexuellen Missbrauch, widerspricht aber jenen, die behaupten, er habe damit gar nichts zu tun. Päpstlichen Erklärungen, dass das Zölibatsgesetz auf keinen Fall überprüft, in Frage gestellt oder geändert werden könnte, begegnet er mit der pointierten Frage: Wie viele missbrauchte Kinder ist uns der Zölibat wert?

Völlig unverständlich ist es, warum Verheiratete für den priesterlichen Dienst untauglich sein sollen. Das Natürlichste von der Welt soll mit dem kirchlichen Dienst unvereinbar sein? Die Begründungen sind hanebüchen. Und dann die Frauen! Sie stehen längst in den Startlöchern, um der Kirche die weibliche Seite hinzuzufügen. Sie waren in der Vergangenheit viel zu bescheiden, um sich in die Diskussion fordernd einzubringen. Fazit: Nur die Öffnung des Amtes für Männer und Frauen, Verheiratete und Unverheiratete wird aus der Krise herausführen.

2.     Was muss sich an der Ämterstruktur ändern?
Das Amt in der Kirche ist kein Selbstzweck. Es hat nur den einen Zweck: zu dienen. „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts“, hat der französische Bischof Jacques Gaillot einmal gesagt. Dienen ist das Gegenteil von Herrschen. In der Kirche aber hat sich von Anfang an eine Herrschaftsstruktur herausgebildet, die dem Geist des Evangeliums diametral entgegensteht. Darum sind alle Formen und Symbole der Herrschaft abzulegen.

Nebenbei sei bemerkt, dass sexueller Missbrauch und Gewalt gegen Kinder immer Machtmissbrauch ist. Daher muss in der Kirche – wie in der Gesellschaft längst üblich – Macht kontrollierbar und anfechtbar sein. Die Kirche aber hat diese Anfechtbarkeit mit dem Dogma von der Unfehlbarkeit grundsätzlich aufgehoben. Das verbietet nicht nur Kontrolle, sondern verhindert auch jeglichen Dialog. Wer diese Strukturen als heilig und unveränderbar bezeichnet, richtet die Kirche zugrunde.

Noch einmal: Das Amt ist kein Selbstzweck. Es hat nur den einen Zweck: zu dienen. Die gesamte Leitungsstruktur unserer katholischen Kirche gehört unter diesem Gesichtspunkt auf den Prüfstand. Dann hat die Kirche vielleicht wieder eine Chance.

3.     Wie schützt man das Weiheamt vor ideologischer Verfälschung?
Das Weiheamt hat seine Berechtigung. Es verstößt nicht gegen den Geist des Evangeliums, obwohl es nicht explizit von Jesus eingesetzt wurde. Und so wird immer wieder versucht, dem Amt irgendwie doch einen jesuanischen Ursprung anzudichten. Das treibt manchmal kuriose Blüten.

In den letzten Jahren hat sich der seltsame Brauch entwickelt, dem Osterkreuz eine Priesterstola umzuhängen. Ich weiß nicht, welcher Liturgieprofessor mit dieser Idee Karriere gemacht hat, aber fast überall findet dieser Unsinn Nachahmung. Mir kommt das vor, als wolle man Jesus durch diese Symbolik postmortal in die Priesterkaste aufnehmen. Es fehlt nur noch das Minicollar, das den Gekreuzigten zum Klerus der römisch katholischen Kirche zugehörig ausweist. Man hängt dem Gekreuzigten buchstäblich ein Amtsverständnis an, das dieser zu Lebzeiten so mit Sicherheit nicht gehabt hat. Auf diese Weise gaukelt man eine Legitimation dessen vor, was man tut, ohne zu fragen, ob es anders vielleicht viel besser gemacht werden könnte. Ich nenne das eine ideologische Verfälschung. Das Amt hat sich in der Kirche legitimer Weise entwickelt und muss und darf sich weiter entwickeln, weil sich die Zeiten und die Menschen in 2000 Jahren auch weiter entwickelt haben. Der beschriebene Brauch dient aber der Festschreibung einer momentanen Amtsauffassung. Da ist Wachsamkeit geboten, dass sich solcher Unsinn nicht ausbreitet. – Im Übrigen halte ich die Bekleidung eines nackten Gekreuzigten mit einer Stola für eine Geschmacklosigkeit. Jesus wurde nackt gekreuzigt und nicht in Priestergewändern.

Fazit: Das Priesteramt ist sehr flexibel. Es täte der Kirche gut, diese Flexibilität zu sehen und auch zu nutzen, um die alten Strukturen aufzubrechen und neue Impulse einzubringen. Jede Krise hat auch eine Chance im Gepäck. Man muss sie nur nutzen.

Amen.

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