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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Betet allezeit!–aber wie? (Lk 18, 1-8) Moderatoren: Weber
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Betet allezeit!–aber wie? (Lk 18, 1-8)  Dieses Thema wurde bisher 1.748 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
18 September 2010, 09:20 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Liebe Christen!

Lassen Sie mich den Evangelientext noch einmal kurz rekapitulieren. Am Anfang steht die allgemein gehaltene Aufforderung Jesu an seine Jünger, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollen. – Dann folgt eine Geschichte, die man als Kurzkatechese über das Bittgebet bezeichnen könnte. Eine Witwe fordert von einem Richter immer wieder: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! Der Richter denkt gar nicht daran; denn er wird als gottlos und rücksichtslos gegen Menschen geschildert. Allein die Nachdrücklichkeit und Frechheit der Frau erweicht den Richter zu handeln, damit er endlich seine Ruhe kriegt. So ähnlich versteht Lukas das Bittgebet. Man muss Gott nerven, damit er tut, was wir erbitten. – Kein Wunder, dass an diese Kurzkatechese die skeptische Frage angehängt wird: Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben finden?

Traditionelles Gebetsverständnis
In der Tat wird heute noch Bittgebet weitgehend so verstanden. Das läuft genau nach dem Muster ab, wie es der Evangelientext vorgibt: Man muss nur eindringlich genug und anhaltend beten, dann greift Gott, der ja allmächtig ist, in unser Tagesgeschehen ein und erhört eben unsere Bitten. Und Gott, der nicht nur allmächtig ist sondern auch gut, lässt sich von unserem frommen Gebet schneller zum Handeln bewegen als der miese Richter von der Witwe in der Geschichte.

Sie werden zu Recht sagen: So einfach ist das nicht mit dem Gebet. Denn dass ein Gebet nicht erhört wird, stellt sich öfter ein als die Erhörung eines Gebetes. Und – Hand aufs Herz – was Sie als Gebetserhörung betrachten, das können Sie für sich glauben, beweisen können  Sie das anderen nicht.

Manche Fromme sagen allerdings, man müsse wie im Vaterunser vorgegeben beten: „Herr, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“ Gemeint ist also, man müsse das, was geschieht, annehmen und darin den Willen Gottes sehen. Wer so argumentiert gibt natürlich von vorneherein auf, das Eingreifen Gottes durch das Gebet zu lenken. Wer aber sowieso nimmt, was kommt, ohne eigene Wünsche anzumelden, hat im Grunde das Bittgebet schon aufgegeben. (Das entspricht dann in etwa dem kölschen Grundsatz: „Et is wie et is. Et kütt wie et kütt. Un et hätt noh immer god gegange.“)

Einwände gegen das traditionelle Bittgebet
Ich kenne ernsthafte Menschen, die der Kirche treu verbunden sind, die aber trotzdem ihre Schwierigkeiten haben mit dem Bittgebet. Die Vorstellung von einem Gott, der auf Grund einer Gebetsbitte das komplizierte Gefüge der Naturgesetze durchbricht um zu helfen oder zu strafen, ist ihnen längst nicht mehr nachvollziehbar. Die Naturwissenschaftler, die das Entstehen der Materie und des Alls erforschen, sagen heute, dass der Anfang des Alls allein durch die Existenz der Naturgesetze erklärt werden kann, und zwar ohne einen uranfänglichen Anstoß, also ohne einen sog. Schöpfungsakt. Und da soll ein Gebet alles aus den Angeln heben? Unwahrscheinlich!

Verstehen Sie mich nicht falsch: ich will kein Prediger des Unglaubens sein und bin es nicht. Ich nehme nur die Schwierigkeiten wahr, die jene haben, die naturwissenschaftlich auf dem Laufenden sind. Die wollen ja auch keine Atheisten sein oder werden, sondern sie mahnen den Dialog mit ihrer Kirche an über Fragen, auf die die alten Antworten nicht mehr überzeugen. Wenn ich darauf sagen würde: „das muss man eben glauben“, dann käme das einer Dialogverweigerung gleich. Ich bin sogar davon überzeugt, dass auch dem Einen oder der Anderen von Ihnen solche Fragen nicht fremd sind. Sie haben sie möglicherweise aber verdrängt, weil die Konsequenzen unübersehbar werden könnten. Das in Kindertagen erlernte Glaubenswissen muss aber ab und zu einer Revision unterzogen werden. Oder um es in der Computersprache zu sagen: der Glaube braucht gelegentlich ein neues Update.

Versuch einer Neuinterpretation des Bittgebetes
Es ist nicht leicht, den Sinn des Gebetes zu erklären, ohne in das alte Muster zurück zu fallen. Natürlich ist es auch weiterhin sinnvoll und sogar notwendig zu beten, und an der Existenz Gottes wird nicht gerüttelt. Aber der Denkansatz ist ein anderer. Vielleicht sollten wir uns Gott nicht als ein übermächtiges Gegenüber vorstellen, sondern eher als den Ursprung der Liebe und die Fülle des Lebens, die uns innerlicher sind als wir uns selbst. Im Falle Jesu ist das genau definiert: er ist der Sohn Gottes, wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich. Jesus hat mit seiner Liebe Spuren Gottes in diese Welt gebracht; denn Liebe deutet immer auf die Anwesenheit Gottes hin. Wenn Gott mit seiner Liebe auch uns innerlich ist, dann wäre es unsere Aufgabe, die Spuren Gottes dahin zu bringen, wo Änderungen der Verhältnisse angesagt sind. Um das mal konkreter zu sagen: Wenn ich in der herkömmlichen Weise für die Genesung eines Kranken bete, dann mobilisiere ich Gott, appelliere an seine Verantwortung und verlange buchstäblich Unmögliches von ihm. Wenn ich aber selber als Träger der Liebe Gottes mich in der Pflicht sehe, Spuren dieser göttlichen Liebe zu legen, dann überlege ich, was ich dem Kranken Gutes tun kann. Man kann das in Abwandlung eines bekannten Sprichwortes auch so ausdrücken: „Hilf dem Kranken, so hilft ihm Gott!“ Das ist Beten durch aktives Tun. Das schließt die Meditation nicht aus, auch nicht das Dankgebet oder den Lobpreis Gottes.

Zum Schluss: Ich will Ihnen das Beten nicht schwer machen. Solange Sie mit dem herkömmlichen Bittgebet kein Problem haben, mögen Sie es weiter so praktizieren. Meine Überlegungen sind für die gedacht, denen die herkömmliche Form des Bittgebetes zum Problem geworden ist.

Amen.
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