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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Bibelstellen  ›  Bittet, dann wird euch gegeben!? (Lk 11, 1-13) Moderatoren: Weber
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Bittet, dann wird euch gegeben!? (Lk 11, 1-13)  Dieses Thema wurde bisher 2.251 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
25 Juli 2016, 21:15 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Liebe Christen,

das heutige Evangelium spricht in drei Schritten über das Gebet: Im ersten Angang antwortet Jesus auf die Bitte seiner Jünger, er möge sie beten lehren, mit dem Vaterunser, allerdings mit einer kürzeren Fassung als wir das Vaterunser gewöhnlich beten.
Im zweiten Teil spricht Jesus über eine alltägliche Erfahrung unter befreundeten Nachbarn, wo einer den anderen zu einer Unzeit um eine Gefälligkeit bittet. Der so Gebetene wird helfen, wenn nicht aus Freundschaft, so doch wegen der Zudringlichkeit des Bittenden.
Schließlich kommt der pragmatische Teil mit den Behauptungen, die keinen Widerspruch dulden: „Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.“ – Diese Unterweisung über das Gebet will als ganze gelesen und verstanden werden.
Was ist davon zu halten?
Ich gehe mal davon aus, dass nur ein sehr kleiner Teil der hier anwesenden Kirchenbesucher eine wirklich positive Erfahrung mit dem Bittgebet gemacht hat. Mit positiver Erfahrung meine ich die Tatsache, dass einer der Überzeugung ist, dass sein Bittgebet erhört wurde, d.h. dass auf Grund seines Gebetes sich eine Situation grundlegend geändert hat. Der größere Teil mag die gegenteilige Erfahrung gemacht haben, dass nämlich sein Bittgebet nicht erhört worden ist. Und der Rest betet erst gar nicht, weil er Beten für zwecklos oder gar unsinnig hält. Wenn Sie jetzt wissen möchten, zu welchem Teil ich gehöre, dann kann ich nur sagen, dass mir alle Erfahrungen vertraut sind – Als Kind habe ich ganz fest daran geglaubt, dass das Gebet hilft vor allem wenn später eingetroffen war, worum ich gebetet hatte. Doch irgendwann habe ich mich gefragt, ob die Ereignisse ohne das Bittgebet vielleicht nicht auch so eingetreten wären. Ich bekam so meine Zweifel. Heute kann und will ich nicht mehr glauben, dass Gott den Lauf der Welt oder beispielsweise den Verlauf einer Krankheit umsteuert auf Grund eines Bittgebetes oder auch vieler Bittgebete. Der Glaube wäre mir zu naiv. Er ist nicht zu vereinbaren mit meinem naturwissenschaftlich geprägten Weltbild und mit meinem Gottesbild, das ich heute habe.
Also ist das Bittgebet überflüssig?
Nein, keineswegs. Beten ist wie ein innerer Dialog, eine persönliche Auseinandersetzung mit allem Unerfüllten, mit allem Unzulänglichen und den Unzufriedenheiten, mit denen wir in dieser Welt herumlaufen. Oft möchten wir laut schreien, weil wir nicht wahrhaben wollen, was nun mal ist. Das ist eine Form von Realitätsverweigerung. Und plötzlich fangen wir an zu beten, damit die Dinge möglichst wie durch ein Wunder wieder den Verlauf nehmen, den wir für den besten halten. Da soll Gott zum Erfüllungsgehilfen unserer Weltsicht und unserer Lebensplanung werden. Vielleicht könnte er das, aber er tut es nicht. Solche Situationen oder besser: Erfahrungen sind für die Einen ein Grund noch mehr zu beten (nach dem Motto „Not lehrt beten“), für Andere ist das der Grund, warum sie fortan nicht mehr beten. Die Erfolglosigkeit lässt sie an allem zweifeln.
Was ist die Funktion des Bittgebetes?
Wenn wir dem Bittgebet die Funktion zuschreiben, dem Herrgott damit zu sagen, was jetzt richtig und wichtig ist und was er jetzt zu tun hat, dann spielen wir uns als seinen Arbeitgeber auf und stellen ihm anschließend vielleicht noch schlechte Noten aus. Das kann ja wohl nicht gemeint sein. Der Beter, der Gott um etwas bittet, muss immer auch selber bereit sein, an der Erfüllung der Bitte mitzuarbeiten. Diese Bereitschaft beflügelt nicht nur die Phantasie, wie ein Problem gelöst werden könnte, sondern setzt auch Kräfte frei, die einer Lösung im weitesten Sinn zuarbeiten. Vor allem wird dadurch die Überzeugung gestärkt, dass es eine Lösung geben muss und Lösung geben wird. Die Verwirklichung des Willens Gottes ist nicht nur Gottes Sache, sondern bedarf des Zusammenspiels mit Menschen, die eben als Christen, d.h. wie Christus handeln. Wer die Nicht-Erfüllung einer Gebetsbitte als Problem betrachtet, muss sich klar machen, dass er selber ein Teil dieses Problems ist. Um das mal an einem Beispiel zu erläutern: Wer für einen Kranken betet, Gott möge ihn wieder gesund machen, der müsste selber erst mal dafür sorgen, dass dem Kranken die bestmögliche medizinische Versorgung zuteil wird. Wer um den Frieden in der Welt betet, muss zuerst selber mal im Kleinen am Frieden in seiner eigenen Umgebung arbeiten.  Wer als Vater oder Mutter darum betet, dass sich die Kinder besser benehmen, der sollte erst selber mal damit anfangen, sich den Kindern gegenüber fair und anständig und höflich zu benehmen. Der Beter ist nicht nur Empfänger göttlicher Gaben, sondern Partner Gottes. In dieser Rolle wird der Beter vielleicht zurückhaltender in seinen Wünschen und realistischer in dem, was zu erwarten sinnvoll ist.
Ich bin mir bewusst, dass mit diesen Gedanken das unendliche Thema noch lange nicht erledigt ist, aber vielleicht helfen uns diese Aspekte, auf die ich hingewiesen habe, zu einer positiveren Einstellung zum Bittgebet. Schön wär´s.

Amen.

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