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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de  /  Bücher über Religion  /  Dawkins, Richard: Der Gotteswahn
Geschrieben von: Weber, 31 Oktober 2007, 18:01
Kritik:

Richard Dawkins, gebürtig in Nairobi, ist Professor an der Universität Oxford. Gleich zu Be-ginn des Buches erklärt sich der Evolutionsbiologe als Atheist und macht keinen Hehl daraus, dass er mit diesem Buch Gläubige zum Atheismus bekehren will. Im Visier hat er vor allem das meist fundamentalistisch geprägte amerikanische Christentum. Da ist er sehr belesen und erweckt den Eindruck, dass er dort viele Anhänger und Gleichgesinnte hat. Veröffentlichun-gen deutscher Theologen zu diesem Thema (etwa von Küng, Drewermann o. a.) sind ihm un-bekannt oder passen nicht in sein Konzept. Dabei wäre eine Auseinandersetzung mit denen ausgesprochen spannend. Dawkins bevorzugt die Konfrontation mit den Fundamentalisten, die es überall gibt und deren einfache, „fromme“ Denkweise auch dem römischen Katholi-zismus nicht fremd ist. Die Sprache des Autors ist erfrischend, klar, manchmal spöttisch, auch mal beleidigend. Das Buch ist interessant für Gläubige und Ungläubige.

Dawkins stellt die Gottesfrage angesichts der naturwissenschaftlichen Erfolge und Erkennt-nisse neu und bringt so oft auf den Punkt, wo gläubiges Denken auf bequeme Art Gott zum Lückenbüßer macht. Natürlich ist die Bibel für Dawkins keine Autorität, auch andere religiö-se Schriften wie der Koran nicht. Wer sich mit diesem Buch auseinander setzt, muss im wahrsten Sinne des Worte voraussetzungslos diskutieren. Was meinen eigentlich Christen mit dem Bekenntnis zu Gott als dem Schöpfer Himmels und der Erde? Der Kreationismus ist – vor allem im amerikanischen Christentum – lebendiger denn je. Zwar behaupten wir Aufge-klärten oft, die Entstehung der Welt und des Kosmos würden dem Glauben nicht widerspre-chen, aber wir haben keine schlüssige Antwort auf die Vereinbarkeit der naturwissenschaftli-chen Erkenntnisse mit unserem Glaubensbekenntnis. Die Entstehung des Lebens erklärt die Naturwissenschaft ohne Gott. Der Glaube sieht da einen Schöpfungsakt, betet (nach Dawkins) die Lücke an. – Dawkins publizistischer Erfolg liegt nicht darin, dass er die Auseinanderset-zung mit dem Christentum (und Religion überhaupt) gewonnen hat, sondern darin, dass die Christen und ihre Kirchen es bislang versäumt haben, sich diesen Fragen zu stellen. Das erste Drittel des Buches ist eine Herausforderung für den Gläubigen, eine präzise Themenstellung, an der gearbeitet werden muss. Ich kann die Lektüre nur empfehlen.

Leider beginnt dann allerdings das Buch immer schwächer zu werden. Das Kapitel 5 über die Wurzeln der Religion ist kaum nach zu vollziehen, wenn der Autor mit der darwinistischen Zwangsläufigkeit argumentiert. Auch seine Ausführungen über das Gute und das Böse und über den Sinn des Lebens sind äußerst dürftig. Geradezu peinlich wird es in den Kapiteln 8 und 9, wo u. a. religiöse Kindererziehung mit körperlicher und seelischer Kindesmisshand-lung gleichgestellt wird. Schade eigentlich, dass das Buch in seinem Wert so abfällt. Trotz-dem halte ich es für lesenswert, jedenfalls die ersten vier Kapitel. Das Buch zeigt die Gefah-ren des Fundamentalismus auf, mit dem auch hierzulande die Bischöfe insgeheim doch lieb-äugeln.

Buchdaten:

Autor(en): Dawkins, Richard
Titel: Der Gotteswahn
Verlag: Ullstein Buchverlage GmbH Berlin
ISBN Nummer: 978-3-550-08688-5
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