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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de  /  Bibelstellen  /  Der Paraklet (Jo 14, 15-21)
Geschrieben von: Weber, 07 April 2008, 20:19
Liebe Christen!

Liturgisch stehen wir unmittelbar vor dem Fest Christi Himmelfahrt. Dass sich Jesus auf diese Weise den Blicken der Jünger nach Ostern für immer entzogen hat, geht auf eine Vision des Evangelisten Lukas zurück. Nur er erzählt von Christi Himmelfahrt. Aber auch der Evangelist Johannes macht den Abschied Jesu zum Thema. Danach hat Jesus vor seinem Tod eine Abschiedsrede gehalten. Wir hörten vorhin einige Verse daraus. Es lohnt sich, diesen Text etwas genauer zu betrachten.

1.     Der Paraklet (Beistand)
Jesus sagt: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen.“ „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit….. Ihr kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“ Jesus verspricht also, dass es nach seinem Weggang für die Jünger eine Kontinuität geben wird durch den Beistand, den heiligen Geist. Er wird an die Taten Jesu erinnern. Wie Jesus lehrt der Beistand die Wahrheit und führt in die ganze Wahrheit ein. Außerdem wird er die Gemeinde in Zeiten der Verfolgung ermutigen und stärken. So kann man zusammenfassend sagen: Wenn Jesus zum Vater geht, bleibt Jesus doch im heiligen Geist in der Gemeinde gegenwärtig. Dieser Geist ist der Garant, dass die Gemeinde in der Wahrheit gehalten wird. – Es ist eine wunderbare Botschaft, die aus diesem Text spricht.

2.     Mögliche Missverständnisse
Es ist so menschlich, dass auch gute Botschaften missverstanden werden können. Zwei grundlegende Missverständnisse sind im Zusammenhang dieser Geistzusage denkbar.:

Zum einen ist das Leiten durch den Geist nicht so zu verstehen, als würde das zu neuen Wahrheiten und Inhalten führen. Mit anderen Worten: der Beistand des Geistes ist keine Ermächtigung dafür, möglichst viele und neue Dogmen zu definieren. Vielmehr weist der Geist in alle Wahrheit, indem er immer tiefer verstehen lehrt, dass Jesus (und er allein) der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Jesus bleibt der Maßstab, an dem sich der Geist von den Geistern scheidet.

Zum anderen wäre es ein Missverständnis dieses Textes aus dem Johannesevangelium, wenn man daraus die Unfehlbarkeit des Papstes begründen wollte. Denn das Verbleiben in der Wahrheit ist hier der ganzen Jüngergemeinde zugesprochen und nicht einem einzelnen Amtsträger. In Wahrheit kennt die johanneische Gemeinde überhaupt keine Ämterstruktur. Der heilige Paulus kennt so etwas, und auch in den anderen Evangelien kennen wir Ämter, aber eben nicht im Johannesevangelium. Den einzigen Dienstauftrag, den Jesus seinen Jüngern im Johannesevangelium erteilt, geschieht im Zusammenhang der Fußwaschung. Da sagt Jesus: „Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ (13,13f.). Das ist nicht die Einsetzung eines Dienstamtes, sondern ist Forderung an alle, so gesinnt zu sein wie Jesus Christus.

3.     Konsequenzen
Wir haben in unserer Kirche oft das trügerische Gefühl, dass alles, wie es ist, seine Richtigkeit hat. Wer sich in diesem Gefühl durch die Zusage des Beistandes, des heiligen Geistes, auch noch bestätigt fühlt, der hat den Text gründlich missverstanden. Der heilige Geist, der die Kirche in der Wahrheit hält, hat seine liebe Last, diese Kirche immer wieder an ihre Ursprünge zu erinnern und ihr klar zu machen, wie weit sie sich in manchen Dingen von ihren Wurzeln entfernt hat. Dabei wäre es auch für die Kirche keine Schande zuzugeben, dass sie mal was falsch gemacht hat.

Amen

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