Themen - Amt

Amt

  • Der gute Hirt: Leitbild für die Seelsorge
  • Die Chancen des Priestermangels
  • Priesteramt - wandelbar oder unwandelbar?
  • Priesterberufung
  • Priestermangel und Priestermängel
  • Vom Aussterben der Pfarrer
  • Wandlungsfähigkeit des katholischen Amtsverständnisses
  • Was die Krise des Amtes überwinden könnte

  • Der gute Hirt: Leitbild für die Seelsorge Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Der Sonntag vom guten Hirten ruft mir ins Bewusstsein, dass ich so manche Vorstellung, die ich bisher fraglos für richtig hielt, revidieren muss. Das Bild von Jesus, dem guten Hirten, war immer schon ein Leitbild für den, der ein guter Seelsorger sein wollte. Wie der gute Hirt Jesus seine Schafe kennt und liebt und wie er sogar sein Leben für sie hingibt, so sollte ein guter Seelsorger sein. Und ganz selbstverständlich identifizierte man früher den Hirten mit dem geweihten Priester. Erst die Neuzeit, wo es nur noch wenige Priester gibt und die Wenigen kaum Zeit haben, das Notwendigste an Gottesdiensten und Sakramentenspendungen in Großgemeinden zu organisieren, macht deutlich, dass der geweihte Priester im Grunde kein Seelsorger mehr ist. Er ist Organisator, er liest jede Menge Messen, predigt am laufenden Band, tut Dinge mit Breitenwirkung, aber Zeit zur Seelsorge hat er nicht. Er will sie auch nicht haben und zieht sich aus der Schusslinie und ist nicht zu sprechen. Nur so kann er überleben. (Haben Sie schon mal versucht, einen Pfarrer außerhalb der Bürozeit zu sprechen? Das Büro schützt ihn vor unerwünschter Nähe zum Klienten.)

    Was ist Seelsorge?
    In einer Handreichung des "Zentrums Seelsorge und Beratung der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau" fand ich eine gute Definition: "Seelsorge ist eine der grundlegenden Funktionen der evangelischen Kirche. Sie ist wache Aufmerksamkeit für den anderen. Sie nimmt den Menschen in seiner Situation ernst und an und begleitet Menschen mit dem Ziel, dass sich neue Perspektiven eröffnen." Als ich diese Definition las, wurde mir klar, dass diese wahnsinnig interessante Aufgabe eigentlich keine Weihe erfordert, keine Ehelosigkeit voraussetzt, nicht nur von Männern wahrgenommen werden kann und überhaupt keines Amtes bedarf. Zu dieser befreienden Einsicht kommt man erst, wenn der Herrgott die Priester knapp werden lässt. Ehrlich gesagt: die Befähigung zu qualifizierter Seelsorge halte ich für viel wichtiger als die sogenannte Berufung zum Zölibat. Das Bild von Jesus, dem guten Hirten, meint ja grade die aufopfernde Nähe zum Nächsten und widerspricht jeder Abschottung wegen Überlastung. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Priester lieber den Stress vieler Gottesdienste und Amtshandlungen aushalten, weil sie sich Seelsorge im eigentlichen Sinn nicht zutrauen.

    2. Neuere Entwicklungen
    Fast lautlos hat sich in den letzten fünfzig Jahren unter dem Druck des wachsenden Priestermangels schon etwas geändert. Mit der Wiedereinführung des Diakonats wurde ein neues Berufsfeld eröffnet, das dann durch die Amtsinhaber mit Inhalten und sagen wir substanziell gestaltet wurde. Diakone werden von Pfarrern aber gelegentlich nur als Zuarbeiter gesehen. Sie sollen zuarbeiten, dass Gottesdienste gefüllt, auf den Empfang der Sakramente vorbereitet wird und dass der sakramentale Bereich floriert. Das ist wichtig, es ist aber nicht Seelsorge nach dem Leitbild des guten Hirten. Einzelseelsorge wird zwar in den Statuten meist am Ende auch erwähnt, kommt aber in der Praxis häufig zu kurz. Es gibt mittlerweile auch Pastoralreferenten und Pastoralreferentinnen. Sie haben keine Weihe, wohl aber eine Beauftragung und sind studierte Leute. Sie dürfen sich Seelsorger bzw. Seelsorgerin nennen. Das Berufsbild ist in den Diözese keineswegs einheitlich. Auch dieser Berufszweig steht unter dem Erwartensdruck, dem Pastor möglichst viel Arbeit abzunehmen. Die Eigenständigkeit dieses Berufes wird in der Praxis sehr unterschiedlich gehandhabt und ist noch durchaus entwicklungsbedürftig.

    Wie frei muss Seelsorge sein?
    Ich verstehe unter Seelsorge vor allem Einzelseelsorge. Es sind nicht immer Gruppen, die Probleme haben, sondern oft, ja meist sind es Einzelmenschen, die mit ihrem Leben nicht klar kommen. Und für die muss Zeit da sein. Da müssen auch schon mal andere Dinge zurück stehen, um sich dem Einzelnen widmen zu können. Das ist etwas, was unverzichtbar ist. Wenn ich am Anfang zitierte, "dass Seelsorge wache Aufmerksamkeit für andere ist, dass sie den Menschen in seiner Situation ernst- und annimmt und begleitet mit dem Ziel, dass sich neue Perspektiven eröffnen", dann braucht ein solcher Seelsorger oder eine solche Seelsorgerin die Freiheit, individuelle Lebensperspektiven mit dem Klienten zu erarbeiten. Die verdienen auch dann Respekt und Anerkennung, wenn sie kirchlichen Vorstellungen gelegentlich widersprechen. Ein Seelsorger muss frei sein, weil er Anwalt des Menschen ist und nicht Anwalt des Gesetzes. Es gibt nicht die eine große Wahrheit, die für jeden und alle gilt, sondern immer nur individuelle Lösungen. -Wir sind oft besorgt, wir könnten die Barmherzigkeit Gottes zu sehr strapazieren. Das ist ein Fehler. Einer der Namen Gottes ist Barmherzigkeit.

    Ich bin der Überzeugung, dass sich die Ämter in der Kirche auf Dauer verändern. Was früher alles fraglos in der Kompetenz des Priesters und Pfarrers gelegen hat, das wird sich ausfalten. Seelsorger ist der Priester heute schon längst nicht mehr allein.

    Amen.

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    Die Chancen des Priestermangels Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Wir sind es gewöhnt, die ständig abnehmende Zahl der Priester als Priestermangel zu bezeichnen. In Mayen sieht das so aus: Pfarrer Veit hat acht Pfarreien mit zwei Filialen von insgesamt etwa 14000 Katholiken. Mit Kaplan Lenz und zwei Diakonen versucht er, in allen neun Kirchen Gottesdienste zu organisieren. Wenn es nicht die Pensionäre gäbe, wäre das manchmal kaum möglich, vor allem, wenn ein Hauptamtlicher wegen Krankheit oder aus anderen Gründen ausfällt. Die frühere Anzahl der Gottesdienste wurde stark reduziert, also dem Bedarf und der Kapazität der Priester angepasst. Ich habe den Eindruck, dass die Gottesdienste zum Schwerpunkt der Pastoral geworden sind; denn die Messen sind in der Regel gut vorbereitet, sehr feierlich und auch reichlich lang. Um anderes hingegen kümmert sich Pfarrer Veit - wie er mir selber sagte - nicht mehr. So hat er die Leitung des Kirchengemeindeverbandes mit all seinen Zuständigkeiten einem Ehrenamtlichen übertragen und hat damit selber keinen Sitz und keine Stimme mehr in diesem Gremium. Die faktische Entwicklung geht dahin, dass Kirche sich in ihren Strukturen gewaltig verändert. Und das hat auch seine Chancen, über die ich jetzt etwas sagen möchte.

    1. Glaube als Ausweis der Kirche.
    Wir sind längst auf dem Weg zu einem neuen Kirchenverständnis. Früher hing alles an dem geweihten Priester. Wo er war, war Kirche. Und ohne ihn, fühlte man sich nicht als Kirche. Die Zukunft wird ein neues Kirchenverständnis hervorbringen. Und da ist das Kennzeichen von Kirche der gemeinsame Glaube. Wo Glaube ist, da ist Kirche - und nicht erst da, wo möglichst viele Priester gleichzeitig auftreten. Wir haben noch weitgehend ein priesterzentriertes Kirchenverständnis. Die Verwaltungskomponente der Gemeindeleitung kann offenbar auch von anderen als dem geweihten Priester wahrgenommen werden. Wenn diese Arbeit dann noch angemessen bezahlt würde, wäre das ein Stück Anerkennung der Kompetenz und Respekt vor der Arbeit des Leiters. Ein Ehrenamtlicher, der ja keinen Arbeitsvertrag hat und zudem Laie ist, kann zu schnell und ganz unkompliziert abgeschoben werden. Das dürfte nicht sein. Aber so weit geht die Reform noch nicht.

    2. Unterschiedliche Dienst-Ämter für unterschiedliche Aufgaben.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass in Zukunft nicht mehr alles allein am Pastor hängen muss. Für unterschiedliche Aufgaben, die sich in einer Gemeinde stellen, könnten kompetente und gewissenhafte Laien bestellt werden, die diese Aufgaben selbständig und mit voller Verantwortung wahrnehmen. Dabei geht es nicht nur um Verwaltung, sondern auch pastorale Aktivitäten könnten so von Laien selbständig wahrgenommen werden. Nicht unmöglich scheint mir auf Dauer eine demokratische Beteiligung der Gemeinde bei der Besetzung von Parrstellen und der Wahl eines Bischofs. Das ist zwar noch Zukunftsmusik, aber wenn die Kirche die weggelaufenen Schafe wieder zurück gewinnen will, dann muss sie schon etwas bieten, und zwar etwas, was die Kirche zu einem modernen Gemeinwesen macht. - Gewiss ist die Angst groß, Laien seien nur Störenfriede und würden das Ganze entzweien. Ich bin da anderer Ansicht. Es gibt bei Laien nicht selten Kompetenzen, die man beim Klerus vermisst. Und das sollte man sich durchaus zunutze machen. Wer keine Veränderung will und deshalb auf die Unveränderbarkeit der Strukturen pocht, schadet der Kirche.

    3. Reformen, die wirklich verändern.
    Dass Männer und Frauen, Verheiratete und Unverheiratete (also Zölibatäre) gleichberechtigten Zugang haben müssten zu allen Ämtern und so auch zu den Weihe-Ämtern, ist eigentlich selbstverständlich und längst überfällig. Ich denke, der sog. Priestermangel setzt etwas in Gang, was ohne den Priestermangel wahrscheinlich keine Chance in der Kirche hätte. So hat alles auch sein Gutes. Es wird auch an den Gemeinden liegen, dass sie ihr Schicksal selber mit in die Hände nehmen. Glauben sie mir, dass der gegenwärtige Trend, immer mehr Gemeinden zusammen zu legen und dem leitenden Pastor aufzubürden, sehr schnell ein Ende haben wird. Dann wird man sich darauf besinnen, dass die Berufung durch Jesus eine Berufung in seine Nachfolge und ins Reich Gottes war. Und das ist nicht identisch mit der Berufung zum zölibatär lebenden Priester.

    Amen.

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    Priesteramt - wandelbar oder unwandelbar? Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Dass die Anzahl der Priester rapide abnimmt, ist ein offenes Geheimnis. In Deutschland sind im vergangenen Jahr für 27 Diözesen 95 Priester geweiht worden. Das ist die niedrigste Zuwachsrate überhaupt. Selbst im katholischen Polen ist in 2008 die Zahl der Priesteramtsbewerber im Vergleich zum Vorjahr um 25 % zurückgegangen. Unsere Bischöfe sehen mit Sorge die Zukunft der Kirche. Alle beschlossenen Strukturreformen reichen nicht aus, um die Seelsorge und die Gottesdienste für die nächsten 15 Jahre sicher zu stellen.

    Der Kölner Kardinal Meisner hat seine Sorge für die Kölner Kirche im diesjährigen Fastenhirtenbrief für seine Diözese formuliert. Der Brief trägt die Überschrift: "Die Sorge um Priesterberufungen" . Darin bittet er die Gläubigen: "Nehmen Sie auch lebendig in Wort und Tat an meiner Sorge um Priesterberufungen teil und damit am Fortbestand unserer Kirche im Erzbistum Köln." Und dann folgen einige Empfehlungen an die Hörer, was sie zur Bewältigung des Priestermangels beitragen können. Der Kardinal empfiehlt das Gebet für Priesterberufungen und die öffentliche Achtung des Priesters und seines Dienstes durch die Gemeinde. Zum Thema Gebet zitiert der Kölner Kardinal den Papst, der bei seinem Besuch in Bayern auf einem Priestertreffen gesagt hat: "Bittet den Herrn der Ernte! Das will sagen: wir können Berufungen nicht einfach machen, sie müssen von Gott kommen& .Den Herrn der Ernte darum bitten, das bedeutet gewiss zu allererst, dass wir darum beten, dass wir an seinem Herzen rütteln und sagen: Tu es doch! Wecke die Menschen auf! Entzünde in ihnen die Begeisterung, die Freude für das Evangelium!" Dann erinnert der Kardinal daran, dass er schon vor 10 Jahren die Gebetsgemeinschaft Rogamus ins Leben gerufen hat, wo täglich um Priester- und Ordensberufungen gebetet wird: 2000 Männer und Frauen. Doch von großem Erfolg kann man noch nicht berichten. Von der Achtung des Priesters und seines Dienstes durch die Gemeinde verspricht sich der Kardinal eine atmosphärische Verbesserung, in der priesterliche Berufungen wachsen und gedeihen können. Und dann wörtlich: "Ein Seismograph dieser Wertschätzung ist zum Beispiel nicht zuletzt der Zustand der Priestergrabstätten auf unseren Friedhöfen. Wo der Priesterberuf geachtet wird, dort werden auch die Priestergräber gepflegt."

    Gestatten Sie mir nach dieser etwas längeren Einleitung zwei Fragen: 1. Wie sieht das Priesterbild des Kölner Kardinals und damit auch des deutschen Papstes Benedikt aus? 2. Wie wandelbar ist das Priesteramt?

    1. Wie sieht das derzeit herrschende Priesterbild aus?
    Es ist statisch, unflexibel, unveränderbar. Dass Berufung zum Priestertum nur unverheiratete Männer treffen kann, ist für den Kardinal und seinen römischen Mitbruder so selbstverständlich, dass es erst gar keiner Erwähnung bedarf. Außerdem fixiert Kardinal Meisner den priesterlichen Dienst auf die Eucharistie. Ich zitiere: "Die Feier der heiligen Messe, die in der Wandlung der Gaben ihre Wesensmitte und ihren Höhepunkt findet, ist ohne einen Priester nicht möglich. Daher kann ein Priester nur durch einen anderen Priester ersetzt werden. Jesus nimmt den von ihm berufenen und geweihten Priester in Dienst, um im Sakrament des Altares leiblich gegenwärtig zu werden. Ohne diesen kann keine heilige Eucharistie gefeiert werden, und ohne Eucharistie verliert die Welt die leibliche Gegenwart Christi." - Das ist Sakramentalismus auf die Spitze getrieben. Als wenn Christus nicht "leibhaftig" anwesend wäre durch den Geist der Liebe, in dem Menschen ihr Leben teilen!

    Und was das Gebet anbetrifft: Beten ist eine gute Sache, es ist eine Form der Gottesverehrung - solange man ihm die Freiheit lässt, seinen Willen umzusetzen. Wenn aber das Gebet darauf abzielt, ja keine Veränderung aufkommen zu lassen, dann ist es Magie und keine fromme Übung mehr. Gott ist frei, und kein Gebetsschwarm von noch so vielen Betern wird ihn in eine bestimmte Richtung zwingen. Der erfolglose Beter könnte etwas dazu lernen; Gott weiß sowieso, was er will.

    2. Wie wandelbar ist das Priesteramt?
    Es ist wandelbarer, als wir vermuten. Dass Frauen wie Männer und Verheiratete wie Unverheiratete Priester sein könnten, habe ich oft genug dargelegt und will es heute nicht noch einmal begründen. Insofern ist Priestermangel in der katholischen Kirche ein Haus gemachtes Problem.

    Eine Verengung des priesterlichen Dienstes ist es allerdings auch, wenn man den Priester zum Diener der Altäre festschreibt. Das ist er auch, aber nicht nur. Das klingt nämlich so, als wenn Jesus in seinem ganzen Leben nichts Anderes im Sinn gehabt hätte, als endlich mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl zu feiern. In Wirklichkeit war das der Schlusspunkt eines Lebens für Gott und seine Gegenwärtigsetzung in Wort und Tat, in Verkündigung und tätiger Heilung. Die erneute Feier des letzten Abendmahls in der Eucharistie setzt ein Leben in der Nachfolge Christi, also in seinem Geiste voraus, ein Leben in Glaube, Hoffnung und Liebe. Und dann kann, wenn kein geweihter Priester da ist, auch ohne Priester Abendmahl gefeiert werden. Das ist die Situation bei den evangelischen Christen. Sie sind auch Kirche, zwar mit einer anderen Ordnung, aber sie sind keine Christen zweiter Klasse, weil sie das Weihepriestertum nicht haben.

    Und damit komme ich zu einem ganz wichtigen Punkt. Wir sind zu sehr Priester-Kirche. Wir definieren unsere Kirche vom Amt her: wo der Papst, die Bischofe, die Priester und Diakone sind, da ist Kirche - notfalls auch ohne Gemeinde. Das ist falsch. Kirche ist die Gemeinde, wo geglaubt, gehofft, geliebt wird. Das ist der primäre biblische Begriff von Kirche. Demgegenüber ist der Klerus bis zum Papst eine nach geordnete Größe. Es geht mir nicht darum, die eine Größe gegen die andere auszuspielen, sondern Kritik anzumelden am einseitigen Bild einer Kleriker-Kirche.

    Übrigens: das Gebet für Priesterberufungen ist gut, solange man die Gebetserhörung auch dann akzeptiert, wenn sie anders ausfällt, als dem Herrgott im Gebet empfohlen.

    Amen.

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    Priesterberufung Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Vor drei Wochen feierte die Kirche den Sonntag vom guten Hirten. Traditionell wird an diesem Sonntag auch der Weltgebetstag für die geistlichen Berufe begangen. Es drängt mich im Nachhinein, zu diesem Thema etwas zu sagen.

    1. Botschaften an der Wirklichkeit vorbei
    Ich habe im Internet nachgeschaut, was die Diözesen und der Papst zu diesem Thema verlautbart haben. Der Papst hat eine Botschaft geschrieben, in der er die Missionare, die in aller Welt tätig sind, lobt. Er erinnert an eine Initiative Papst Pius XII., der seinerzeit die Diözesen aufgefordert hatte, Priester für die Missionstätigkeit der Kirche frei zu stellen. Diese Missionare wurden als donum-fidei-Priester bekannt. Es ist inzwischen nur noch eine kleine Gruppe, aber immerhin wert, in einer päpstlichen Botschaft des Jahres 2008 besonders erwähnt zu werden. Ob der Papst noch nicht gemerkt hat, dass Europa inzwischen selber Missionsland geworden ist? Uns fehlen heute jede Menge Priester, und die Menschen laufen der Kirche in Scharen fort. Zur aktuellen Problematik bei uns sagt der Papst kein Wort.

    Ein Blick ins Bistum Mainz, ins Bistum von Kardinal Lehmann, dem früheren Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Dort gibt Domkapitular Prälat Dr. Peter Hilger zum Thema ein Interview. Auf die Frage "Wie kann im Bistum Mainz das Klima für Geistliche Berufe verbessert werden?" antwortet der für den Priesternachwuchs zuständige Geistliche: "Das Klima für geistliche Berufe - speziell im Blick auf den Priesterberuf - verbessern wir meines Erachtens nicht zuletzt dadurch, dass wir den priesterlichen Zölibat ohne wenn und aber bejahen und nicht leichtfertig relativieren oder in Frage stellen. Das Zweite Vatikanische Konzil und mehrere darauf folgende Welt-Bischofssynoden, nicht zuletzt vielfältige Verlautbarungen der Deutschen Bischofskonferenz heben unmissverständlich hervor, dass das ehelose Leben dem Priesterberuf höchst angemessen ist, und es auch in Zukunft bleibt." Autoritäten wie Konzil, Welt-Bischofssynoden und die Deutsche Bischofskonferenz sind Autoritäten genug, um eigenes Denken gar nicht erst aufkommen zu lassen. Oder war es eine gezielte Antwort auf die Feststellung des Nachfolgers von Kardinal Lehmann, Erzbischof Zollitsch von Freiburg, der den Zölibat als theologisch nicht notwendig bezeichnet hatte? Mir ist keine deutsche Diözese bekannt, wo zur Frage des Priesternachwuchses wirklich Neues gesagt worden wäre. Jeder Bischof hat das Problem und keiner fühlt sich gedrängt, es zu lösen!

    2. Verheiratete Männer oder Frauen im Priesteramt
    Ich bin der Meinung - und stehe damit sicher nicht allein, dass es keinen stichhaltigen Grund gibt, weiterhin Frauen oder Verheiratete vom Priesteramt auszuschließen. Wenn das Konzil oder irgendeine Synode den Zölibat als angemessene Lebensform bezeichnet, dann müsste das weiter begründet werden. Und wenn der Zölibat ein Ideal ist (wie immer behauptet wird), dann würde er das auch bleiben, wenn dazu nicht jeder Priester zwangsverpflichtet würde. Zum Ideal gehört die Freiheit, in der man sich zu ihm verpflichtet. Und was die Frau anbetrifft: sie grundsätzlich vom priesterlichen Dienst auszuschließen ist Diskriminierung und Verletzung eines Menschenrechtes. Kein Arbeitgeber könnte vor einem Arbeitsgericht bestehen, wenn er einer Frau einen Arbeitsplatz verweigert, nur weil sie Frau ist. Der Priestermangel ist insgesamt ein hausgemachtes Problem und alles Gejammer bei den Verantwortlichen Heuchelei. - Doch selbst wenn die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt geändert würden, wäre das Problem des Priestermangels erst zur Hälfte gelöst. Die andere Hälfte ist noch viel komplizierter.

    3. Berufung im Neuen Testament
    Es geht - wenn man so will - um das Berufsbild des Berufenen. Lassen Sie es mich salopp ausdrücken: Jesus hat keine Kirche institutionalisiert. Vielmehr hat er in seine persönliche Nachfolge gerufen. Er hat keine Jünger zu kirchlichen Angestellten berufen und schon gar nicht gegen Bezahlung eingestellt. Jesus hat keine Funktionäre berufen, die dafür sorgen sollen, dass die Institution Kirche reibungslos funktioniert. Es ging ihm nicht um System stabilisierende Hilfskräfte. Er hat kein Kirchensteuersystem verteidigt, er hat nicht dem jüdischen Gesetz gedient, er hat vielmehr den Schriftgelehrten und Pharisäern den Marsch geblasen, wenn es nötig war, und die Nähe bzw. Anwesenheit des Reiches Gottes verkündet. Und in dieser Tätigkeit sollten es ihm die Jünger gleich tun. Das war der Inhalt der Berufung.

    Was heißt das? Die Jünger sollten - wie Jesus es tat - das jüdische Gesetz auf Menschlichkeit hinterfragen und dann mutig gegen Hartherzigkeit opponieren. Die Jünger sollten - wie Jesus es tat - couragiert für die Armen, auch für die Armen im Geiste, Partei ergreifen und ihnen jenes Selbstwertgefühl zurückgeben, das ihnen die Reichen und die Gerechten, vor allem die Selbstgerechten genommen hatten. Die Jünger sollten - wie Jesus - keinem System dienen, sondern den Menschen. Die Jünger sollten - wie Jesus es tat - das Reich Gottes in Wort und Tat verkünden und keine irdische Herrschaft (und mag sie für noch so heilig gehalten werden), also keine Hierarchie stabilisieren.

    Sie sehen: Wenn die Kirche heute von Berufung spricht, meint sie etwas ganz anderes, als Jesus gemeint hat, als er von Berufung sprach. In der Kirche heute versteht man unter Berufung eher die Eignung zum Kirchenbeamtentum. Da tut man treu und brav seinen Dienst nach Vorschrift und wird dafür nicht schlecht entlohnt. Es geht heute mehr um die ideologische und finanzielle Konsolidierung des Konzerns als um die wirkmächtige Ansage des Reiches Gottes. Und mancher "berufene" Kleriker will lieber Karriere machen als in die Kreuzesnachfolge Jesu eintreten. Der von Jesus geforderte Dienst an den Menschen ist bisweilen zur Herrschaft über Menschen verkommen. Erst wenn das Bild von der Berufung wieder zurecht gerückt wird, werden junge Männer und junge Frauen Lust verspüren, sich von Jesus rufen und von der Kirche senden zu lassen.

    Ich bin mir der Provokation meiner Worte bewusst. Ich weiß auch, dass alles noch komplizierter ist, als ich es dargestellt habe. Aber wer mit offenen Augen in der Kirche die gegenwärtigen Reformen verfolgt, muss leider feststellen, dass alle Bemühungen an den wesentlichen Fragen vorbei gehen und damit ins Leere laufen. Schade um den Energieverlust. Dennoch ist keiner so zuversichtlich wie ich, dass es bald frischen Wind in der Kirche geben wird. Ich vertraue auf die Laien, die sich ihrer Stärke und Bedeutung noch gar nicht so recht bewusst sind. Die Kirche wird einen neuen Frühling erleben. Ich glaube daran.

    Amen.

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    Priestermangel und Priestermängel Wilhelm Weber

    Dass es in Deutschland wie in den europäischen Ländern seit Jahren immer weniger Priester gibt, ist längst kein Geheimnis mehr. Die vorhandenen Priester sollen bis 70 Jahre oder länger arbeiten, weil die nachwachsenden zu wenige sind. Der Klerus ist überaltert.

    Priestermangel

    Es muss uns nachdenklich machen, wenn dieser an sich anspruchsvolle und attraktive Beruf von jungen Leuten heute nicht mehr angenommen wird - und das bei vier Millionen Arbeitslosen. Dabei wäre dieser Beruf ein lebenslang sicherer Arbeitsplatz mit guter Besoldung (vergleichbar den Beamten im höheren Dienst) und entsprechender Altersversorgung. Wie ist diese Zurückhaltung zu erklären? An erster Stelle wird immer genannt die Verpflichtung zum Zölibat, also die Verpflichtung zu einer privaten Lebensform, die die Ehe oder eine eheähnliche Partnerschaft verbietet. Diese Einmischung ins Private stößt heute auf wenig Verständnis. Doch ebenso unattraktiv ist das derzeit propagierte Priesterbild. Der Priester soll seiner Kirche gegenüber unkritisch sein (so wird er jedenfalls indoktriniert), dafür gehorsam seinem Bischof gegenüber und gut funktionieren, d.h. er soll wie ein Funktionär nur Überbringer sein von Botschaften, auch wenn er die selber nicht nachvollziehen kann. Diese Art von Solidarität mit dem Bischof ist gewünscht. Und im übrigen soll der Priester konservativ sein - bis hin zu seiner Kleidung, die ihn als Priester kenntlich macht. Junge Menschen, die kritisches Denken gelernt haben, die kreativ und innovativ arbeiten wollen, die selbständig denken und handeln und Eigenverantwortung übernehmen wollen, finden den Priesterberuf nicht attraktiv. Sie erleben ja ständig, wie in der Kirche nicht-konforme Theologen, die mit durchaus großer Verantwortung den geistigen Stillstand der Kirche aufbrechen wollen, mundtot gemacht oder kaltgestellt werden. Die Kirche trägt z. Zt. das Image der Unreformierbarkeit. Das sind nur einige Gründe für den Priestermangel. Selbst wenn heute den Frauen der Zugang zu diesem Beruf geöffnet würde (die Zeit dafür ist längst überfällig), wäre damit der Priestermangel keineswegs behoben. Meines Erachtens sind es grade die Frauen, die heute die Lust auf Kirche verlieren.

    Priestermängel

    Die Universitäten drohen damit, die katholisch-theologischen Fakultäten zu schließen, weil der Aufwand für so wenige Studentinnen und Studenten zu teuer ist. Es fehlt das Interesse der jungen Menschen. Daran hat auch der zweifache Besuch Papst Benedikts XVI. in Deutschland nichts geändert, der doch bei der Jugend wahre Stürme der Begeisterung ausgelöst hatte. Davon hatte man sich mehr Nachhaltigkeit versprochen. Der spärliche Priesternachwuchs, den es heute gibt, rekrutiert sich zu einem großen Teil aus sog. Spätberufenen. Das sind Späteinsteiger, die nach einigen Jahren Berufserfahrung in einem akademischen oder nicht-akademischen Beruf umschwenken zur Ausbildung als Priester. Eine Altersbegrenzung gibt es da wohl nicht. Neulich ist im Bistum Trier ein Witwer im Alter von 68 Jahren zum Priester geweiht worden. Es ist erstaunlich, wie wenig Wert bei diesen Späteinsteigern auf eine solide Ausbildung gelegt wird. So kann man heute schon ohne Abitur und ohne akademisches Studium Priester werden. Hauptvoraussetzungen sind die Bereitschaft zur Einhaltung des Zölibats und eine positive, aber unkritische Einstellung zum derzeitigen Erscheinungsbild der Kirche. Bei Priesterweihen und Primizen hört man gelegentlich ein Loblied auf die Berufung durch Gott, der auf verschlungenen Wegen Menschen in diesen Beruf bringt. Das hört sich gut an, aber wird im Vorfeld auch kritisch gewürdigt, warum jemand seinen erlernten Beruf aufgibt? Denn der Priesterberuf soll ja wohl kein Auffangbecken für Havaristen sein!

    Ich möchte nicht falsch verstanden werden: was ich sage, gilt selbstverständlich nicht pauschal von allen Spätberufenen und schon gar nicht unterstelle ich einem konkreten Einzelnen irgendetwas, aber ich erkenne eine Tendenz, die nicht gesund ist. Denn der schlecht ausgebildete Priester fühlt sich im Beruf hoffnungslos überfordert, er schlüpft in die Rolle des konservativen Ritualisten, der eher magische denn menschliche Kompetenz und Autorität ausstrahlt. Es ist eine unechte, eine geliehene Autorität, die durch die eigene Persönlichkeit nicht gedeckt ist. Das macht unglaubwürdig. Und so ist die Resonanz in der Gemeinde auf diese Priester durchaus zwiespältig. Kaum einer wird durch sie in die Kirche gelockt, eher das Gegenteil ist der Fall.

    Ausblick

    Viele ältere Priester erwarten mit Sehnsucht den Eintritt ihres Ruhestandes, weil sie den immer größer werdenden Aufgaben nicht mehr gewachsen sind. Ich kenne viele Pfarrer, die froh sind, wenn es in der Gemeinde keine Unruhe gibt. Es soll alles bleiben, wie es war; denn Neues bringt nur Unruhe, und Veränderung macht das gute Alte kaputt. In gewisser Weise kann ich das verstehen. Tatsächlich hätten diese Geistlichen längst den Ruhestand verdient, ja wirklich verdienst, weil sie sich ein Leben lang in der Gemeinde abgerackert haben. Aber was kommt danach? Nicht der Priesterberuf muss attraktiver gemacht werden, sondern die Kirche, die jungen Menschen als Arbeitsplatz gefallen muss. Zwar kommt der Priestermangel dem gegenwärtigen Spar-Zwang der Diözesen entgegen (manchmal ist es schon eine Spar-Wut), doch das Sparen macht leicht vergessen, dass Priestermangel eben ein Mangel ist und kein Geschenk Gottes.

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    Vom Aussterben der Pfarrer Wilhelm Weber

    Am 1. Oktober 2007 berichtete die Aachener Zeitung, dass der Aachener Diözese ein massiver Pfarrermangel droht. Trotz der klugen Personalplanung , die mit den Planungen der Strukturreform Hand in Hand ging, ist heute schon absehbar, dass in den nächsten fünf Jahren ein erhebliches Personaldefizit an Pfarrern eintreten wird. Der "Einsatzplan pastoraler Ämter und Dienste" des Bistums Aachen sieht für das Jahr 2012 allein im Aufgabenbereich "Kirche am Ort" 224 Priesterstellen vor, doch ist schon heute erkennbar, dass in fünf Jahren für diese Aufgaben nur noch 150 Priester zur Verfügung stehen. Die Gründe sind bekannt: einerseits das nun anstehende Ausscheiden der "weihestarken Jahrgänge" aus den 60er Jahren und andererseits die seit Jahren schrumpfenden Nachwuchszahlen. Die Anzahl der freiwillig aus dem Amt ausgeschiedenen Priester wird nicht genannt. - Geradezu rührend klingen die Vorstellungen, wie die Diözesanleitung der Personalmisere entgegen wirken will: mit dem Einsatz von Ordenspriestern auf Pfarrebene (als wenn die Orden nicht dieselben Probleme hätten), mit dem Einsatz von Priestern im Ruhestand (der frühestens mit 70 Jahren beginnt) und mit der Übertragung weiterer pastoraler Aufgaben - etwa Beerdigung - auf Laien (als wenn damit die entscheidende Lücke in der Seelsorge geschlossen wäre).

    Die Pfarrer im Ruhestand ( also die Ü-70er) indes erfreuen sich wachsender Wertschätzung. Ohne sie würde der pastorale Betrieb schon heute kollabieren. Bereitwillig arbeiten sie, als gelte es, eine vorübergehende und zeitlich begrenzte Flaute zu überbrücken. So segensreich eine zusätzliche Kraft für den amtierenden Pfarrer ist, so sehr verhindern die aktiven Ruheständler wirkliche Reformen. "Geht doch", sagen die Personalverantwortlichen und tun nichts für wirkliche Lösungen.

    Zeitgleich zur Personalklage des Bistums Aachen berichten die Oberösterreichischen Nachrichten (OÖNachrichten) von der Taborpfarrei in Steyr. Weil die Verwaisung der Pfarrei absehbar ist, hat der rührige Pfarrgemeinderat einen Aufsehen erregenden Brief an den zuständigen Bischof in Linz geschickt. Darin fordert der PGR mit seinem Pfarrer für die Priester eine Freistellung vom Zölibat. Postwendend hat der Generalvikar abgewinkt mit dem Hinweis, dass erst unlängst die Forderung nach Aufhebung des Zölibats von der Weltkirche abermals nicht aufgegriffen worden sei. Darauf antwortete die Pfarre Tabor, man werde im Ernstfall erwägen, einen wegen Heirat aus dem Amt ausgeschiedenen Priester an den Altar zu berufen. Nun kommt in ein paar Tagen der Bischof selbst in Begleitung seines Generalvikars in die Pfarrei zu einer Aussprache. Die Pfarrei versteht sich nicht als Rebell, sie will aber erreichen, dass das Thema in die Beratungen der Bischofskonferenz aufgenommen wird. Schließlich sieht man sich im Einklang mit der Bibel. Danach war der Apostel Petrus verheiratet. (Jesus heilt ja seine Schwiegermutter). Und der Titusbrief verlangt von einem Bischof einen tadellosen Lebenswandel und dass er nur einmal verheiratet sein darf.

    Es ist nicht schwer sich vorzustellen, mit welchen Argumenten Bischof Schwarz in die Taborgemeinde Steyr kommt. Immerhin ist er dialogbereit. Aber was würde er denken, wenn außer der Taborgemeinde noch weitere 99 Pfarrgemeinderäte ihm ins Gewissen reden würden?

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    Wandlungsfähigkeit des katholischen Amtsverständnisses Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Am Sonntag vom guten Hirten möchte ich die Wandlungsfähigkeit des katholischen Amtsverständnisses zum Thema machen. Wie immer, wenn man nach den Wurzeln unseres Glaubens sucht, schlägt man am besten die Bibel auf und sucht danach, wie alles angefangen hat.

    1. Der biblische Befund
    In der Bibel suchen wir nach einer ausdrücklichen Einsetzung eines Weihesakramentes vergeblich. Es war offenbar nicht das Anliegen Jesu, eine gut funktionierende Kirche zu gründen, sondern er hat das bevorstehende Reich Gottes angesagt. Er hat es vorgelebt, er hat die Menschen in seinen Bann gezogen, er hat durch sein Leben und Sterben in dieser Welt den Namen Gottes neu interpretiert. Und gerade durch seinen Tod und seine Auferstehung hat er viele Menschen in Erstaunen versetzt. Kein Wunder, dass die nach seinem Ende von ihm erzählten, sich in seinem Namen versammelten, beteten, Rituale schufen oder übernahmen, die das Erbe Jesu lebendig hielten.

    2. Die geschichtliche Entwicklung
    Wie ging es weiter? Es bildeten sich Gemeinden im jüdischen Raum, aber auch darüber hinaus bei den Griechen, bei denen ein anderer Glaube, eine andere Kultur, eine andere Denkweise vorhanden war. Und alle diese Gemeinden strukturierten sich, bildeten Ämter aus mit unterschiedlichen Kompetenzen. Alles war am Anfang wage, wenig definiert und wenig differenziert. Erst im 12. Jahrhundert n. Chr. hat man sich definitiv auf sieben Sakramente festgelegt. Man hat die Sakramente definiert und in ein Schema gepresst. Danach war kennzeichnend für ein Sakrament: das äußere Zeichen (oder die Zeichenhandlung), die innere Gnade, die diese Handlung bewirkt, und schließlich die Einsetzung durch Jesus Christus. Letztere war natürlich nicht beizubringen; es genügte daher die Berufung auf die Tradition in der Kirche: die Ordination durch Handauflegung in apostolischer Sukzession. Keiner konnte das am Ende kontrollieren oder beweisen, der Glaube stützte die Theorie. Es war in meinen Augen eine legitime Entwicklung: jede Glaubensgemeinschaft hat das Recht, sich ihre eigene Struktur zu geben; denn die ist wichtig fürs Überleben. Das hat wenig mit Theologie zu tun, ehr mit soziologischen Notwendigkeiten.

    3. Die Festschreibung eines bestimmten Amtsverständnisses.
    Vom 12. Jahrhundert an war im Grunde das Amtsverständnis in der katholischen Kirche festgeschrieben. Und das ist nicht gut, weil eine Anpassung an die Zeit nicht mehr möglich zu sein scheint. Zwölfhundert Jahre konnte sich das Amt entwickeln, und dann kam die Festschreibung.

    Ich will das an einem Brauch verdeutlichen, der seit einigen Jahren vor allem in der Trierer Kirche gepflegt wird. In der Passionszeit, also zwei Wochen vor Ostern, wird in den meisten Kirchen des Bistums Trier ein sog. Osterkreuz, über dessen Querbalken eine Priesterstola gelegt wird, an hervorragender Stelle aufgestellt. Ab dem Palmsonntag kommt noch ein dicker Palmzweig dazu. Der Sinn soll folgender sein: Am Gründonnerstag, dem Tag der Einsetzung der Eucharistie oder Feier des letzten Abendmahles, soll die Stola am Kreuz zum Ausdruck bringen, dass wir unser Amtsverständnis vor allem mit der Eucharistie in Verbindung bringen und dieses Amt von Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, ableiten. Wir hängen ihm mit der Stola, einem liturgischen Kleidungsstück, gleichsam unser gegenwärtiges Amtsverständnis an (obwohl wir wissen, dass Jesus kein Weihesakrament "eingesetzt" hat). Ganz davon abgesehen, dass ich es als eine Geschmacklosigkeit empfinde, das Kunstwerk, das einen Sterbenden oder Hingerichteten darstellt, mit einem Stofffetzen zu verschönern, ist es die Festschreibung eines Amtsverständnisses aus dem Mittelalter, nämlich: der Priester ist ein Mann und nie eine Frau, er ist Zölibatär und nie Verheirateter, er ist als Geweihter für die Eucharistie zuständig und nie jemand anderes, und über die Eucharistie hinaus hat er keine Aufgaben und keine Funktionen. Es ist wie es ist und hat keine Chance, sich zu ändern.

    4. Mangelnde Offenheit für Dynamik
    Sie sehen, es gibt keine Offenheit für eine dynamische Weiterentwicklung des Amtes. Ich könnte mir eine Offenheit so vorstellen: neben dem Mann gehört die Frau - verheiratet oder unverheiratet. Es gibt eine Privat- und Intimsphäre, da dürfen auch kein Bischof und kein Papst dreinreden. Ich könnte mir vorstellen, dass Kirche nicht nur vom geweihten Priester her definiert wird, sondern von der Gemeinde, wo geglaubt, gehofft, geliebt, gebetet und geholfen wird; denn der Ort der Gottesbegegnung ist nicht primär der eucharistische Gottesdienst, sondern der Nächste, der meine Hilfe braucht und sie von mir erfährt. Das könnte man nun noch weiter ausführen. Mir war es wichtig, dass wir uns auf Neues einstellen. Denn möglicherweise wird nach diesem Papst ein Seelsorgepapst kommen. Und der könnte ganz andere Maßstäbe setzen. Wer kreativ denkt, muss über den gewohnten Rahmen hinaus denken. Dazu sind wir nicht nur berechtigt, sondern im Heiligen Geist verpflichtet.

    Amen.

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    Was die Krise des Amtes überwinden könnte Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Fast müsste man sich schämen, katholischer Priester zu sein. Ich tue es nicht. Aber ich schäme mich für das, was Mitbrüder getan haben, als sie Kinder und Jugendliche sexuell missbrauchten oder ihnen, den Schwachen, Gewalt antaten. Gott sei Dank gibt es innerhalb und außerhalb der Kirche mutige und wache Mitbürger, die Skandale in der Kirche beim Namen nennen, und freie und unabhängige Medien, die das öffentlich machen, was in die Öffentlichkeit gehört. Die Kirche steckt zur Zeit in einer schweren Krise: es ist eine Krise der Führung oder des Amtes, nicht eine Krise der Gläubigen. Das ist meine Bewertung der gegenwärtigen Situation, und ich stehe damit nicht allein. Sie mögen dazu eine andere Meinung haben, das sei Ihnen unbenommen. Das Priesteramt, wie es sich heute darstellt, ist an junge Leute nicht mehr vermittelbar. Was muss geschehen? Ich will an Hand von drei Fragen einen Weg andeuten, wie die Krise des Amtes überwunden werden könnte. Es sind zentrale Fragen, aber längst nicht alle, die sich in diesem Zusammenhang stellen.

    1. Wer ist für das Priesteramt geeignet?
    Nur Männer? Nur Männer, die auf Sex verzichten? Die Realität spricht eine andere Sprache. Reine Männerdomänen sind ungesund; sie ziehen nicht nur zu hehrem Dienst Berufene an, sondern auch sexuell Gestörte. Pädophilie ist eine sexuelle Störung, nicht aber Homosexualität. Es gibt viele homosexuell geprägte Priester, die hervorragende Dienste leisten, aber keineswegs pädophil sind. Diese Unterscheidungen sind schon wichtig. Die Kirche war bisher nicht bereit, diese Unterschiede anzuerkennen.

    Man fragt sich natürlich, ob der Pflichtzölibat Schuld ist, wenn Priester pädophil ausflippen. Natürlich nicht, meint der Papst und mit ihm seine Hoftheologen. Etwas differenzierter sieht das Bischof Robinson, emeritierter Weihbischof in Sydney. Er leitete viele Jahre die Missbrauchskommission der australischen Bischofskonferenz. Bischof Robinson glaubt zwar nicht, dass der Zölibat die einzige Ursache ist für sexuellen Missbrauch, widerspricht aber jenen, die behaupten, er habe damit gar nichts zu tun. Päpstlichen Erklärungen, dass das Zölibatsgesetz auf keinen Fall überprüft, in Frage gestellt oder geändert werden könnte, begegnet er mit der pointierten Frage: Wie viele missbrauchte Kinder ist uns der Zölibat wert?

    Völlig unverständlich ist es, warum Verheiratete für den priesterlichen Dienst untauglich sein sollen. Das Natürlichste von der Welt soll mit dem kirchlichen Dienst unvereinbar sein? Die Begründungen sind hanebüchen. Und dann die Frauen! Sie stehen längst in den Startlöchern, um der Kirche die weibliche Seite hinzuzufügen. Sie waren in der Vergangenheit viel zu bescheiden, um sich in die Diskussion fordernd einzubringen. Fazit: Nur die Öffnung des Amtes für Männer und Frauen, Verheiratete und Unverheiratete wird aus der Krise herausführen.

    2. Was muss sich an der Ämterstruktur ändern?
    Das Amt in der Kirche ist kein Selbstzweck. Es hat nur den einen Zweck: zu dienen. "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts", hat der französische Bischof Jacques Gaillot einmal gesagt. Dienen ist das Gegenteil von Herrschen. In der Kirche aber hat sich von Anfang an eine Herrschaftsstruktur herausgebildet, die dem Geist des Evangeliums diametral entgegensteht. Darum sind alle Formen und Symbole der Herrschaft abzulegen.

    Nebenbei sei bemerkt, dass sexueller Missbrauch und Gewalt gegen Kinder immer Machtmissbrauch ist. Daher muss in der Kirche - wie in der Gesellschaft längst üblich - Macht kontrollierbar und anfechtbar sein. Die Kirche aber hat diese Anfechtbarkeit mit dem Dogma von der Unfehlbarkeit grundsätzlich aufgehoben. Das verbietet nicht nur Kontrolle, sondern verhindert auch jeglichen Dialog. Wer diese Strukturen als heilig und unveränderbar bezeichnet, richtet die Kirche zugrunde.

    Noch einmal: Das Amt ist kein Selbstzweck. Es hat nur den einen Zweck: zu dienen. Die gesamte Leitungsstruktur unserer katholischen Kirche gehört unter diesem Gesichtspunkt auf den Prüfstand. Dann hat die Kirche vielleicht wieder eine Chance.

    3. Wie schützt man das Weiheamt vor ideologischer Verfälschung?
    Das Weiheamt hat seine Berechtigung. Es verstößt nicht gegen den Geist des Evangeliums, obwohl es nicht explizit von Jesus eingesetzt wurde. Und so wird immer wieder versucht, dem Amt irgendwie doch einen jesuanischen Ursprung anzudichten. Das treibt manchmal kuriose Blüten.

    In den letzten Jahren hat sich der seltsame Brauch entwickelt, dem Osterkreuz eine Priesterstola umzuhängen. Ich weiß nicht, welcher Liturgieprofessor mit dieser Idee Karriere gemacht hat, aber fast überall findet dieser Unsinn Nachahmung. Mir kommt das vor, als wolle man Jesus durch diese Symbolik postmortal in die Priesterkaste aufnehmen. Es fehlt nur noch das Minicollar, das den Gekreuzigten zum Klerus der römisch katholischen Kirche zugehörig ausweist. Man hängt dem Gekreuzigten buchstäblich ein Amtsverständnis an, das dieser zu Lebzeiten so mit Sicherheit nicht gehabt hat. Auf diese Weise gaukelt man eine Legitimation dessen vor, was man tut, ohne zu fragen, ob es anders vielleicht viel besser gemacht werden könnte. Ich nenne das eine ideologische Verfälschung. Das Amt hat sich in der Kirche legitimer Weise entwickelt und muss und darf sich weiter entwickeln, weil sich die Zeiten und die Menschen in 2000 Jahren auch weiter entwickelt haben. Der beschriebene Brauch dient aber der Festschreibung einer momentanen Amtsauffassung. Da ist Wachsamkeit geboten, dass sich solcher Unsinn nicht ausbreitet. - Im Übrigen halte ich die Bekleidung eines nackten Gekreuzigten mit einer Stola für eine Geschmacklosigkeit. Jesus wurde nackt gekreuzigt und nicht in Priestergewändern.

    Fazit: Das Priesteramt ist sehr flexibel. Es täte der Kirche gut, diese Flexibilität zu sehen und auch zu nutzen, um die alten Strukturen aufzubrechen und neue Impulse einzubringen. Jede Krise hat auch eine Chance im Gepäck. Man muss sie nur nutzen.

    Amen.

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